Die Kognitive Verhaltenstherapie sowie die Interpersonelle Psychotherapie sind bei der Binge-Eating-Störung langfristig wirksam. Das zeigt eine randomisiert-kontrollierte Studie von Anja Hilbert, Professorin für Verhaltensmedizin am Integrierten Forschungs- und Behandlungszentrum (IFB) Adipositaserkrankungen der Universität und des Universitätsklinikums Leipzig. Die Kognitive Verhaltenstherapie zeichnet sich durch ein direkt auf die Essstörungssymptomatik konzentriertes Vorgehen aus, bei dem die Patienten ein gesundes Essverhalten und eine größere Selbst- und Körperakzeptanz erlangen sollen. Die Interpersonelle Psychotherapie fokussiert hingegen auf die interpersonellen Probleme, in deren Kontext die Essstörung auftritt, und behandelt auf diesem Wege auch die Essanfälle.

Die Essstörung ist durch wiederkehrende Essanfälle gekennzeichnet, die im Unterschied zur Bulimia Nervosa nicht von kompensatorischen Maßnahmen zur Gewichtskontrolle begleitet werden, wie zum Beispiel selbst herbeigeführtem Erbrechen. Zur Studie: Von 162 Patienten, die eine der beiden Therapien ambulant im Gruppensetting durchliefen, wurden 90 nach vier Jahren und sieben Monaten in der vorliegenden Studie nachuntersucht. Insgesamt 64,4 Prozent der Teilnehmer waren langfristig remittiert und hatten eine signifikant und dauerhaft verbesserte Psychopathologie und psychosoziale Anpassung. Das Körpergewicht war langfristig stabilisiert. Die Ergebnisse ihrer Studie wurden im Januar im British Journal of Psychiatry veröffentlicht.

Verbesserung der Symptome

Die Studie, die in New Haven und San Diego (USA) stattfand, belegte somit, dass die ambulante Kognitive Verhaltenstherapie und Interpersonelle Psychotherapie im Gruppenformat über 20 Sitzungen hinweg zu einer langfristigen Symptomverbesserung bei der Binge-Eating-Störung führen. Anja Hilbert betont in einer Aussendung: "Vorgängerstudien zeigten zwar die Wirksamkeit beider Therapieansätze über zwei Jahre, nicht aber über einen längeren Zeitraum. Dass die Kognitive Verhaltenstherapie und die Interpersonelle Psychotherapie auch nach über vier Jahren noch wirksam sind, konnte durch unsere Studienergebnisse belegt werden."

Unterschiede in der Psychotherapie

Im Nachbeobachtungszeitraum von über vier Jahren verschlechterten sich nach einer Kognitiven Verhaltenstherapie die Essstörungssymptome jedoch tendenziell, während sie sich nach der Interpersonellen Psychotherapie eher verbesserten. Beide Therapien waren aber insgesamt gleichermaßen effektiv. Bisher gilt die Kognitive Verhaltenstherapie allgemein als Standardverfahren für die Behandlung der Binge-Eating-Störung. Die Studienergebnisse ermutigen nun dazu, auch die Interpersonelle Psychotherapie als Behandlungsansatz stärker zu verfolgen. (red, derStandard.at, 19.3.2012)