Hat ein "window of opportunity" genützt, um wenigstens das Bundeskanzleramt Frauen fördern zu lassen: Heinisch-Hosek, die den Erlass auch "im Namen der Steuerzahlerinnen" geschrieben hat.

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Wien - Ab sofort kann Ignoranz gegenüber Frauen zu Strafen führen. Ab sofort müssen alle Firmen, die sich um einen Auftrag des Bundeskanzleramtes bewerben, eine Verpflichtungserklärung unterschreiben, dass sie Frauen in ihrem Unternehmen fördern. Nur dann haben sie Chancen auf den Zuschlag. Wer unterschreibt und trotzdem nicht fördert, bekommt ein Pönale von einem Promille pro Tag der Auftragssumme, maximal 10.000 Euro, abgezogen.

Dies steht in einem Erlass, den Frauenministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Donnerstag an die Dienststellen des Bundeskanzleramts (zu dem das Frauenministerium zählt) ausgeschickt hat. Er betrifft Direktvergaben, das sind Liefer- und Dienstleistungsaufträge bis zu einem Wert von 100.000 Euro - wenn die Leistungsfrist sechs Monate oder länger beträgt. In dieser Frist müssen die Unternehmen, gestaffelt nach der Anzahl der MitarbeiterInnen, eine bis drei Maßnahmen aus einem beigefügten Katalog umsetzen oder zumindest beginnen: etwa die gezielte Erhöhung des Frauenanteils in mittleren und höheren Führungsebenen; spezielle Weiterbildung für Frauen; Förderung von Väterkarenz und -Teilzeit; Einsetzen von Frauenbeauftragten.

Dominoeffekt erwünscht

Heinisch-Hosek geht es darum, "dass Unternehmen beginnen, sich mit dem Thema Gleichstellung auseinanderzusetzen". Das sei der Bund schließlich "auch den Steuerzahlerinnen schuldig". Und sie hoffe auf einen "Dominoeffekt" innerhalb der Regierung.

Derzeit ist davon wenig zu sehen. Laut einer AK-Studie ignorieren 41 Prozent aller börsennotierten Unternehmen die Berichtspflicht zu Frauenfördermaßnahmen laut Aktiengesetz. Die "Bundesbeschaffungsagentur" (BBG), die beim Finanzministerium ressortiert, zählt Frauenförderung nicht zu ihren Bieter-Kriterien.

Immerhin leitet Landwirtschaftsminister Nikolaus Berlakovich eine Arbeitsgruppe, die Kriterien für "nachhaltige Beschaffung" für den Bund erarbeiten soll. Die Frage der Frauenförderung sei "in die Diskussion aufgenommen worden", ließ Berlakovich den Standard wissen - für ihn persönlich sei diese "ein wichtiger Bestandteil von Nachhaltigkeit".

15 bis 20 Aufträge bis 100.000 Euro vergibt das Bundeskanzleramt pro Jahr, bei Aufträgen über diesem Wert gelten die EU-Richtlinien - und in diesen ist schwammig von "sozialen Kriterien" die Rede, die Bieter einhalten müssen. Ob darunter auch Frauenförderung fällt, ist Auslegungssache.

Der Heinisch-Hosek-Erlass ist nicht der erste dieser Art in Österreich: In Wien gelten Frauenförderkriterien seit Herbst 2010, detto in Graz. Linz hat dies vor kurzem im Gemeinderat beschlossen. (Petra Stuiber, DER STANDARD, 16.3.2012)