Keine Direktflüge von Wien. Mit www.airnamibia.com via Frankfurt und mit www.tuifly.com von Wien.

Veranstalter der beschriebenen Flugsafari ist NatureFriend Safaris ein Mitglied der "Classic Safari Camps of Namibia" (CSCN).

Info: www.namibia-tourism.com

Grafik: DER STANDARD

Immer Ärger in Kaokoveld: Denn Teile des Airstrips haben sich seit gestern in eine Sandkiste verwandelt, und der Pilot in einen Heißsporn. Lustig findet Andrew du Preez, der das kleine Reisegrüppchen seit Tagen durch Namibia fliegt, das jedenfalls nicht. Der Vogel ist steckengeblieben, und plötzlich weicht die schwebende Leichtigkeit der Safari-Cessna dem Gewicht eines dicken Brockens Metall, der mit vereinten Kräften auf die Piste geschoben werden muss.

Lehmhauswürfel aus Designerhand

Der Zorn wird verständlich, wenn man die Lage bedenkt: War die vorherige Station der exklusiven Fly-in-Safari, das Stroh-Bubikopf-Ensemble der Mowani-Lodge in Damaraland, bereits entlegen, so ist es das Purros-Schutzgebiet im Süden des Kaokoveld schon gar. Immerhin: Wasser gibt es hier. Und wild lebende Strauße, die pünktlich am Abend den Horizont als Schattenriss verzieren. Löwen, Giraffen, Elefanten finden sich sowieso. Außerdem aber bietet Purros: eine Signora aus Mailand, die einst eine große Nummer in der Modeindustrie war und jetzt das stilvolle Aussteigen pflegt. "Okahironga Elephant Lodge" heißt ihr zumeist per Luftweg angesteuertes Edel-Hideaway – wegen der wildlebenden Wüstenelefanten, die sich hier sogar am Swimmingpool bedienen. Lehmhauswürfel aus Designerhand, elegante Oryxhörner als Türgriffe, ein Sundowner-Baldachin mit archaischem Knüppelholzdach – kein Wunder, dass gelegentlich Models für Fashion-Shootings eingeflogen werden.

Foto: Okahironga Elephant Lodge

Pasta alla Genovese in Purros, und Kellnerinnen, die eigenhändig von der Signora entworfene Kostüme mit kecken Leopardenaufschlägen tragen – so viel Dekadenz haben Rundreisen an Bord kleiner Maschinen mitunter an sich. Aber eben auch Einblicke in fragile Ökosysteme, die jenseits der ökologischen Schieflage des Transportmodus "private Flugreise" von der Verletzlichkeit einer großartigen Wildnis und ihrer Bewohner erzählen.

Das Geheimnis der "Feenkreise"

Der Ausflug zu den nahen Lehmhütten der ursprünglich aus Angola zugewanderten Himbas, die bis 1990, dem Jahr der Unabhängigkeit Namibias, wegen der Blockade der südafrikanischen Armee völlig isolierten lebten und die ein schützendes Ganzkörper-Make-up aus zerstoßenem Eisenstein zum rotleuchtenden Markenzeichen ihres Stammes machten, fällt zweifellos in diese Kategorie.

Und nicht zu vergessen: die spektakuläre Flugsafari-Ouvertüre in der Namib Rand und also die Vogelperspektive auf das rote Geflecht der Wege, das burische Siedler einst ins Naturschutzgebiet rillten – Narben auf empfindlicher Haut, die noch hundert Jahre später zu sehen sein werden.

Auch sie gehören zu den Entdeckungen der Flugsafari, die kleine Reisegrüppchen von hier aus in Namibias Norden führt – und gleich mit weiteren besonderen Perspektiven aufwartet. Wie eine dicht gepunktete Tischdecke, mal honiggelb, dann wieder leicht rosa getönt, taucht da zunächst das Muster der "Feenkreise" auf, über deren Ursache Botaniker und Zoologen lange tüfteln mussten – bis sie jene extrem kleinen Termiten entdeckt hatten, die durch Erdlöcher ihre Lieblingsgrasart, das Stipagrostis uniplumis, abernten.

Abweisend und trocken

Dort wo das gepunktete Land der Namib Rand endet, breitet sich die Namib Desert wie eine große, zerknitterte, sandgelbe Decke aus, die bis zum Atlantik reicht. Keine Decke zum Kuscheln für Pioniere, das wird an Bord der kleinen Cessna 210 allzu klar. In der Weite der Wüste versandete Eselkarren zeugen davon. Es sind Relikte deutscher Diamantenschürfer, die vor ziemlich genau hundert Jahren in Swakopmund aufbrachen, um in einer der abweisendsten Gegenden der Welt reich zu werden. Sie mussten aufgeben, erschöpft und wegen Wassermangels. So wie wenige Monate später der Kapitän der Eduard Bohlen, deren rostiges Wrack jetzt in den Wellen des Sandmeers treibt – mittlerweile zweihundert Meter von jenem Strand entfernt, vor dem es 1909 auf eine Sandbank auflief. Robben werden sichtbar, ein schwarzes Gewimmel zwischen Plankton und gnadenloser Trockenheit. Dann tauchen die türkisgrünen Schlieren einer Lagunenlandschaft auf, über der rosafarbene Flamingowolken schweben. Schließlich gleitet die Maschine die "Lange Wand" entlang: Dramatisch schieben sich die steil abfallenden Dünen hier an das Meer heran. Bei Flut leckt der Atlantik der Wüste direkt übers faltige Gesicht.

Namibia ist ein archaisches Land. Einsam und karg. Uralt und riesig. Österreich ließe sich zehnmal hineinpacken, viel Raum für gerade einmal zwei Millionen Einwohner. Und mitunter ist Namibia sogar ein Guckloch in die Tiefen der Erdgeschichte selbst. Das sieht man auch den Gesteinsschichten an, die Stunden später wie gewaltige Packen ineinander verrutschter Spielkarten unter dem Fenster der Cessna auftauchen und dabei eine Geschichte erzählen, an die sich nur mehr der Atlantik selbst erinnern kann: nämlich jene vom Auseinanderbrechen des Urkontinents Gondwanaland. Die gewaltigen geologischen Kräfte aus der Urzeit – nördlich von Swakopmund liegen sie zwischen staubigen Feldern brach.

Seltene schwarze Punkte

Ganz anders verläuft da der finale Anflug nach Etosha, Mokuti Airstrip, einem weiteren Highlight des definitiv abgehobenen Trips. Etosha heißt "großer Platz des trockenen, weißen Wassers". Unterhalb der Cessna 210 waten die Tiere allerdings in Obers. Vielleicht schwimmen sie bloß in Milch. Zumindest sieht es so aus, wenn das Salz und der trockene Tonerdestaub in der brütenden Hitze der welligen Etosha-Pfanne in Vogelperspektive serviert werden. Pilot Andrew deutet auf einen schwarzen Punkt. Da! Ein Nashorn! Es ist unklar, um welchen schwarzen Punkt es sich handelt. Aber ein Verdacht keimt auf: Jeder, der nach Etosha fliegt, will das Black Rhino sehen, das seltene Spitzmaulnashorn, aber nicht jeder schafft es. Vielleicht baut Andrew ja vor.

Zwei Nächte später: Noch immer kein Nashorn gesehen, dafür russische Milliardäre durchs Fliegengitter der Onguma-Camp-Luxuszelte. Was das flache, wellige Land mit den markanten Makalanipalmen in diesen Wintertagen sonst noch bietet: das Gefühl von Vorfrühling, mit schwellenden Knöspchen, die die Weite der lichtflirrenden Gegend auf Schritt und Tritt mit süßen Gerüchen füllen. Ferner Zebras, Giraffen, Springböcke sowie die bei Gefahr erstarrenden Antilopen-Bonsais der dackelgroßen Dikdiks.

Auf dem Einbahnprinzip durchs Leben

Und im letzten Abdruck, als der Fahrer schon auf- und Gas gibt, um das Schließen des Gates zum Sonnenuntergang nicht zu versäumen: ein Black Rhino. Knapp vor dem Jeep will es soeben die Piste überqueren – und kann sich nicht so recht entscheiden. Linksverkehr, Rechtsabbieger, Nachrang? Das Nashorn, das sich nach dem Einbahnprinzip durchs Leben bewegt, scheint plötzlich überfordert, wiegt seinen massigen Körper hin und her. Etliche Sekunden lang, fast tänzerisch, wie eine Busch-Ballerina. Sogar der begleitende Wildhüter ist kurz beeindruckt: So etwas hätte er der Frau des Milliardenrussen zugetraut. Aber nicht Andrews schwarzem Punkt. (Robert Haidinger/DER STANARD/Rondo/16.3.2012)