Armes "altes" Europa! Nicht nur Rumsfeld klagt. Eine kontroversielle weltweite Patentanalyse der letzten 20 Jahre zeigt: Südkorea hat - gemessen am Innovationsindex - England, Frankreich und Italien abgehängt, Taiwan ist fast gleichauf mit Deutschland, und Spitzenreiter USA hat seine Führungsposition seit 1985 mit einer Verdoppelung des Index ausgebaut. Soviel zum "Output".

Aber was ist mit dem "Input"? 2,8 Prozent des BIP beträgt die F&E-Quote der USA - Tendenz steigend - und nur 1,8 Prozent in Österreich. Vom drei Prozent-Ziel bis 2010 für die EU als Ganzes sind wir weit entfernt. Geht es also vor allem um die Muskelkraft? Nein - nicht allein. Es geht um Köpfchen und System: Eine aktuelle BCG-Studie der F&E-Aktivitäten von Industrieunternehmen hat keine eindeutige Korrelation zwischen Budgethöhe und Erfolg gefunden. Vielmehr zeigt sich, dass Kontinuität, klare Zielformulierung, Fokussierung, Prozesseffizienz und die richtige Geisteshaltung die kritischen Erfolgsfaktoren sind.

Kontinuität: Zwischen sieben und 15 Prozent vom Umsatz investieren Unternehmen wie Magna, AVL List oder SAP auch in Zeiten schwacher Konjunktur. "Wer ohne Verstand auf der Bremse steht, macht sich sein Unternehmen für den Aufschwung kaputt", sagt SAP-Boss Henning Kagermann. Und so hat beispielsweise L'Oreál das F&E-Budget in den letzten fünf Jahren glatt auf 430 Mio. Euro verdoppelt!

Eine klare Innovationsstrategie statt ad-hoc-Management ist Voraussetzung für eine hohe Effektivität. Klingt selbstverständlich, ist es aber leider nicht - denn nur jedes dritte der analysierten Unternehmen verfügt über eine ausformulierte Innovationsstrategie. Anders bei AT&S, deren Konzentration auf Core Competencies als Leitplanke dient oder bei Magna, deren 43 Produktentwicklungszentren zwar höchst eigenständig agieren, allerdings mit dem gemeinsamen Ziel, das innovativste Gesamtpaket für die Automobilindustrie zu liefern.

Fokussierung auf Schwerpunktprojekte statt Gießkannenprinzip garantiert die höhere Erfolgsquote. Unsere Analysen zeigen: Unternehmen, die wenige Top-Projekte aus ihrem Portfolio überdurchschnittlich fördern, erzielen eine mehr als doppelt so hohe 5-Jahres-Rendite. Wie werden diese Projekte selektiert? Bei LÓreál wird die Priorisierung vom Vorstand nach sieben Kriterien vorgenommen. Diese beschreiben für alle nachvollziehbar Nutzen und Realisierungswahrscheinlichkeit jedes einzelnen Projektes. Weniger als ein Drittel der untersuchten Unternehmen arbeiten mit einer solchen Systematik.

Effizientes Management des Innovationsprozesses ist unabdingbar, um aus einer guten Idee ein ertragreiches Produkt zur richtigen Zeit zu machen. Das heißt: Klare Regeln und eiserne Disziplin.

Schließlich geht es um die richtige Geisteshaltung: Innovation braucht kreative Menschen, die in der Lage sind, die Welt aus unterschiedlichen Blickwinkeln zu sehen. Neues sieht nur, wer Bekanntes anders wahrnehmen kann. Dem steht oft der Erfolg der Vergangenheit entgegen. Picasso sagte, dass Kreativität durch Brüche entsteht. Das ist nicht nur in der Kunst so. Wir brauchen nicht nur Ideen, sondern die Fähigkeit und Freude, diese zu entwickeln. Ideen sind noch keine Innovationen, sie sind der Rohstoff. Und ob sie gut oder schlecht sind, hängt nur davon ab, was man daraus macht. Innovation beinhaltet die Bereitschaft, an Ideen zu arbeiten und Fehler als Fortschritte zu begreifen. Kreativität bedeutet Arbeit. Und Innovation System.

Nachlese

-> Ein Plädoyer für Strategie -> Wenn Manager autistisch werden -> Sag mir, wo die Frauen sind ... -> Ich google - Sie auch? -> Die Demokratisierung des Luxus -> Abschied von der AG? -> Die Geheimnisse des Phoenix -> Siegen à la Alinghi -> Anleitung zum Glücklichsein -> Die Suche nach dem Mehr -> Lust auf Leistung -> Eine doppelte Melange -> Sei willkommen Krise? -> "Denk' ich an Deutschland..." -> Gegen die Endzeit-Stimmung