Graz - Verunsicherung über die Zukunft der Bühnen Graz herrscht in Kulturkreisen der steirischen Landeshauptstadt. Nachdem die bisherige Intendantin Karen Stone ihren Vertrag vorzeitig aufgelöst hat, wurde zwar ein interimistischer Intendant bestellt - Jörg Koßdorffs Vertrag wird nun aber nach einen knappen Monat vom Bürgermeister und derzeitigen Vorsitzenden des Theaterausschusses, Siegfried Nagl (V), nicht unterzeichnet. Nun fürchtet man von Seiten der Bühnen, dass wichtige Entscheidungen nicht zeitgerecht getroffen werden können.

"Ich bin jetzt selbst das 23. Jahr im Ausschuss und habe es bisher nicht erlebt, dass gefasste Beschlüsse nicht exekutiert wurden", so Koßdorff, der technische Direktor der Grazer Oper. Er wurde am 19. Mai im Theaterausschuss zum interimistischen Intendanten bestellt. Seither wartet er allerdings darauf, dass sein Vertrag unterzeichnet und er selbst entscheidungsberechtigt wird.

Offenes Ende

Die Vertrags-Fixierung spießt sich nun aber an Nagl: Der Inhalt des Vertragsentwurfes stimme nicht mit dem Beschluss des Theaterausschusses überein, hieß es dazu am Freitag aus dem Büro des Bürgermeisters. "Nach Meinung Nagls hat der Theaterausschuss Koßdorff nur dazu berechtigt, Verträge, die bis August 2005 laufen, zu unterzeichnen, nicht aber dessen Funktion selbst bis dahin festgelegt", so Peter Stepancic, Sprecher des Bürgermeisters. Hinter diesem offenen Vertragsende steht nicht zuletzt die Option, etwaige Intendanten-Kandidaten auch schon früher als erst im Jahr 2005 an die Bühnen Graz zu holen.

Der offenen Vertragsvariante widersprach am Freitag der SPÖ-Gemeinderatsklub-Vorsitzende Karl-Heinz Herper, selbst Mitglied des Theaterausschusses: "Das Sitzungsprotokoll hält deutlich fest, dass die Bestellung als interimistischer Intendant mit 31. August 2005 endet und Koßdorff ab sofort den Auftrag erhält, mit Chefdirigent Philippe Jordan und Schauspieldirektor Matthias Fontheim über ihre Vertragsverlängerungen bis 2006 zu verhandeln". Die aktuelle Vorgangsweise sei ein "ungehöriges Misstrauensvotum gegenüber den Ausschussmitgliedern und ein Bruch der Spielregeln", so Herper. "Das Protokoll ist noch gar nicht genehmigt", hieß es hingegen am Freitag aus dem Bürgermeisterbüro.

Einer Vertragsabänderung mit Laufzeit "bis auf weiteres" will Koßdorff nicht zustimmen: Das könne er auf Grund anstehender Verhandlungen mit den Ensemblemitgliedern und Kooperationspartnern "aus rein organisatorischen Gründen und aus persönlicher Verantwortung gegenüber allen Künstlern" nicht akzeptieren. Selbst Gastkünstler würden es nicht hinnehmen, dass für den Zeitraum ihres Auftretens ungeklärt sei, wer die Verantwortung trägt, so Koßdorff.

Klasnic-Stellungnahme

Zu den Entwicklungen hat mittlerweile auch die Kulturreferentin des Landes, LH Waltraud Klasnic (V), Stellung genommen und gleichzeitig auf den 4. Juli vertröstet: Für sie hätten Protokolle dann Gültigkeit, wenn sie von den bei Sitzungen "und zur Genehmigung Berechtigten" - dazu gehört auch Siegfried Nagl - abgezeichnet seien. Aussagen über die künftige Entwicklung werde sie am 4. Juli mit dem Theaterausschuss gemeinsam erarbeiten, so Klasnic. (APA)