Ex-Abwehr-Chef Yadlin: Obama muss Klartext reden.

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Ich war einer von jenen acht Piloten, die am 7. Juni 1981 den irakischen Atomreaktor in Osirak bombardierten. Bei einem Vorgespräch bat uns Generalstabschef Eitan, unsere Bedenken gegen die Mission offenzulegen. Wir erklärten ihm, welche Risiken wir sahen: zu wenig Treibstoff, irakische Vergeltungsmaßnahmen, drohende Beeinträchtigung unserer Beziehungen zu Amerika und die möglicherweise nur kurzfristige Wirkung der Aktion. Wenn ich mir die heutigen Debatten um den Iran anhöre, sind wir mit den gleichen Argumenten und Problemen konfrontiert, obwohl uns natürlich klar ist, dass wir heute nicht 1981 schreiben.Kurz nach der Zerstörung Osiraks wurde der israelische Militärattaché in Washington ins Pentagon beordert.

Er erwartete eine Kopfwäsche. Stattdessen stellte man ihm nur eine Frage: Wie habt ihr das geschafft? Die US-Militärexperten hatten angenommen, dass ihre an Israel abgegebenen F-16-Bomber weder die nötige Reichweite noch Ausrüstung hätten, um den Irak erfolgreich angreifen zu können. Ihr Fehler war es damals wie heute, Israels militärische Erfindungskraft zu unterschätzen. Wir haben einfach die Effizienz des Spritverbrauchs erhöht: Wir setzten nur erfahrene, speziell für diese Mission trainierte Piloten ein; wir warfen die externen Treibstofftanks auf dem Weg in den Irak ab und attackierten dann den Reaktor punktgenau aus so geringer Entfernung und Flughöhe, dass unsere ungesteuerten Bomben ebenso treffsicher und wirksam waren wie die Präzisionsmunition von Lenkwaffen.

Heute sieht sich Israel durch die Gefahr eines atomar gerüsteten Iran, der unsere Vernichtung anstrebt, in seiner Existenz bedroht. Eine Militärintervention wäre der letzte Ausweg, und der Moment der Entscheidung tritt dann ein, wenn der Iran kurz davor ist, seine Nuklearanlagen gegen Angriffe abzuschirmen. Manche Experten sind gegen einen Angriff, weil sie glauben, dass selbst eine erfolgreiche Bombardierung das iranische Atomprogramm bestenfalls für wenige Jahre außer Kraft setzen könnte. Aber die Geschichte lehrt uns etwas anderes: Nach Osirak und der Zerstörung des syrischen Reaktors 2007 haben sich die Atomprogramme beider Länder nie wieder voll erholt. Andere behaupten, dass ein Angriff die Region destabilisieren würde.

Aber ein atomarer Iran hätte noch viel schlimmere Folgen: regionales Atomwettrüsten ohne rotes Telefon zur Verhinderung einer Eskalation, iranische Aggression im Persischen Golf und die Gefahr des Nukleartransfers an Terrororganisationen.Wie auch immer, das entscheidende Problem ist ein zeitliches: Die USA haben gegenüber Israel den Vorteil der sicheren Entfernung und der enormen Schlagkraft ihrer Armee. Daher haben sie vergleichsweise mehr Zeit, festzulegen, wann der Moment der Entscheidung gekommen ist. Was wir daher brauchen, ist eine klare Zusicherung, dass im Falle eines israelischen Zuwartens und des Scheiterns aller sonstigen Bemühungen, Teheran vom Atomkurs abzubringen, Washington bereit ist zu handeln, solange es noch handeln kann. Bleibt Obama diese Klarheit schuldig, kann es gut sein, dass Israels Führung handelt, solange sie noch kann. (Amos Yadlin, DER STANDARD, Printausgabe, 7.3.2012)