Wien - Bei der Wiener Gebietskrankenkassa (WGKK) herrschen am Tag nach dem Bekanntwerden des Altpapier-Entsorgungsskandals von Orginal-Honorarnoten mit Patientennamen und Diagnosen Empörung und Ratlosigkeit. Wie der STANDARD berichtete, hatte die Wiener Gesellschaft für psychotherapeutische Versorgung (WGPV) 40 rote Aktenordner samt mehreren tausend Honorarnoten einfach in den Altpapiercontainer geworfen.

"Dass so etwas nicht passieren darf, müsste für einen Vertragspartner eigentlich selbstverständlich sein", sagt die für Vereinslösungen zuständige Abteilungsleiterin, Andrea Fleischmann. Die "Meinungsbildung, was die Kassa jetzt tun muss", sei noch nicht abgeschlossen. Eine Vertragskündigung mit dem größeren der zwei Wiener Vermittlervereine von Psychotherapie auf Krankenschein sei "möglich - aber was ist die Alternative?", fragt sie.

Keine Regelung für Entsorgung

Die WGPV verwaltet für die Wiener Kassa seit nunmehr elf Jahren Therapie-Kontingente: 2011 rund 75.000 Stunden im Wert von rund vier Millionen Euro. 2012 wurde wegen Kontingentüberschreitung ein Patienten-Aufnahmestopp ausgesprochen.

WGPV-Vorstand Heinz Laubreuter hatte nach Auffliegen des Skandals "die Putzfrau" für die unsachgemäße Entsorgung der Unterlagen verantwortlich gemacht, die laut Experten den Datenschutz und das psychotherapeutische Verschwiegenheitsgebot verletzt.

Wie alte Unterlagen richtig weggeworfen werden müssen, sei aber im Vertrag mit der WGPV bisher nicht geregelt gewesen, erläuterte Fleischmann.

Am Dienstag gab es erste Anzeigen gegen die WGPV durch Privatpersonen wegen Verletzung des Schweigegebots. (Irene Brickner, DER STANDARD, Printausgabe, 7.3.2012)