Wien - Auf die Unterzeichnung des EU-Fiskalpakts beim EU-Gipfel am Freitag sind sehr unterschiedliche Reaktionen in Österreich gefolgt. Während die FPÖ eine Volksabstimmung über den Fiskalpakt fordert, gab es Kritik von BZÖ und Grünen. Die Wirtschaft zeigte sich hingegen erfreut.

Eine klare Ablehnung des EU-Fiskalpakts kam von FPÖ-Chaef Heinz-Christian Strache. Jede weitere Ausweitung dieser "permanenten Zwangsenteignungen der europäischen Völker" müsse mit allen demokratischen Mitteln verhindert werden, erklärte er am Freitag in einer Aussendung. Österreich dürfe sich seine Souveränität nicht sang- und klanglos nehmen lassen. "Diese zwanghafte Gleichschaltung der Volkswirtschaften", die in der EU forciert werde, könne nicht funktionieren, da die unproduktiveren Länder nicht auf Befehl produktiv würden und die produktiven Länder nicht auf Befehl an Wettbewerbsfähigkeit einbüßen wollten.

Mehr Kritik

Auch vom außenpolitischen Sprecher der Grünen, Alexander Van der Bellen, kam Kritik am Fiskalpakt. Mit der Unterzeichnung sei der "wirtschaftspolitische Tiefpunkt europäischer Krisenpolitik" erreicht, kritisierte er. "Angekündigt war ein Gipfel der Wachstumsmaßnahmen, gekommen ist ein weiteres Machwerk der RegierungschefInnen am Gängelband Berlins. Ausschließliches Sparen bringt Europa in ein weiteres Tal der Rezession. Das führt ja auch die Situation Griechenlands und Spaniens drastisch vor Augen." Er betonte außerdem, dass österreichische Verfassungsexperten Widersprüche mit der österreichischen Bundesverfassung sehen würden.

Für BZÖ-Chef Josef Bucher ist mit der Fiskalpakt-Unterzeichnung "der Weg der Europäischen Union in eine Transferunion besiegelt". Die rot-schwarze Bundesregierung habe letztendlich ausverhandelt, dass "Bürger der wirtschaftlichen stärkeren Staaten - wie etwa Österreich und Deutschland - geschröpft werden und deren Geld in finanzmarode Länder und Pleitebanken fließt", kritisierte er. Bucher forderte ebenfalls eine Volksabstimmung, aber zum Euro-Schutzschirm ESM. Dieser sei "in Wahrheit eine Enteignung der Österreicher".

Für die heimische Industrie ist die politische Selbstverpflichtung zu einer ausgeglichenen Budgetpolitik "ein elementarer Baustein zur Stärkung Europas". Der Präsident der Industriellenvereinigung, Veit Sorger, sprach von einem "Meilenstein". Die nunmehr zwingende Verankerung von Schuldenbremsen im Verfassungsrang sei "das sichtbare Zeichen, dass Europa das Vertrauen in die Zukunftsfähigkeit unserer gemeinsamen Währung und seiner Wettbewerbsfähigkeit wieder herstellen" wolle.

Wirtschaft zufrieden

Wirtschaftskammer-Präsident Christoph Leitl forderte eine rasche und konsequente Umsetzung des Fiskalpakts. "Ein Nichteinhalten muss künftig mit strengen automatischen Sanktionen geahndet werden. Eine gemeinsame Währung verlangt, dass sich die beteiligten Länder an die gemeinsamen Spielregeln halten und bei Missachtung bestraft werden." Es dürfe keine Ausnahmen geben: "Nur so kann wieder Vertrauen in Europas Wirtschaftspolitik und in den Wirtschaftsstandort Europa geschaffen werden."

Attac Österreich sprach dagegen von einer neoliberalen Zwangsjacke für Europa. "Die gegenwärtigen Regierungen setzen die gescheiterte Wirtschaftspolitik fort. Die vom Finanzsektor verursachten Kosten werden nach unten umverteilt." Gleichzeitig drohe ein Angriff auf soziale Rechte und Löhne, Einschnitte bei öffentlichen Dienstleistungen, ein flexibilisierter Arbeitsmarkt und sowie ein Pensionssystem mit Privatvorsorge auf den Finanzmärkten, erklärte Elisabeth Klatzer von Attac Österreich. "Genau diese Politik ist in Griechenland furios gescheitert nach und hat zu sozialer und wirtschaftlicher Verwüstung geführt. Nun soll ganz Europa diesen Weg einschlagen."

Der SPÖ-Europaabgeordnete Josef Weidenholzer mahnt angesichts der Debatten und Beschlüsse des Europäischen Rates ein klares Bekenntnis zu einem sozialen Europa ein. "In der europäischen Politik haben die neoliberalen Marktfundamentalisten viel zu lange die Richtung bestimmt. Das Ergebnis war eine große Finanzkrise, deren Auswirkungen wir derzeit immer noch spüren." Dagegen wehre er sich, sagte Weidenholzer am Freitag gegenüber dem SPÖ-Pressedienst. "Was es jetzt braucht: Ein Bekenntnis zu einem sozialen Europa, in dessen Mittelpunkt der Mensch steht." (APA)