Istanbul - Das türkische Inneministerium hat Ermittlungen gegen eine neue ultranationalistische Jugendgruppe in Gang gesetzt, die für Hassplakate gegen Armenier bei einer Großdemonstration in Istanbul am vergangenen Sonntag verantwortlich gewesen sein soll. Jugendliche hielten Schilder hoch, auf denen unter anderem stand: "Ihr seid alle Armenier. Ihr seid alle Bastarde."Innenminister Naim Sahin trat selbst als Redner auf der Demonstration auf, die an das Massaker in Khojali, einer mehrheitlich von Aserbaidschanern bewohnten Kleinstadt, während des Karabach-Kriegs vor 20 Jahren durch armenische Soldaten erinnern sollte. "Mörder, Feiglinge vergossen das Blut von 613 Menschen, unschuldige Frauen und Kinder eingeschlossen", rief Sahin vor rund 50. 000 Zuhörern auf dem Taksim-Platz und kündigte an: "Dieses Blutvergießen wird nicht ungestraft bleiben."

Demonstranten drohten auf Plakaten mit Schriftzügen wie "Heute Taksim, morgen Eriwan" Vergeltung an. Das Regime in Aserbaidschan soll nach Angaben von Oppositionellen die Demonstration in Istanbul finanziert haben. Der türkische Premier Tayyip Erdogan sah von einer Verurteilung und unterstützenden Worten für die armenische Minderheit in der Türkei ab. In einer Rede vor Abgeordneten seiner Partei sprach er von "isolierten" Schildern. Außenminister Ahmet Davutoglu äußerte sich zufrieden über das Urteil der französischen Höchstrichter, die das Genozid-Gesetz für ungültig erklärt hatten. Die Türkei sei bereit, mit den Armeniern den "Schmerz zu teilen". (mab/DER STANDARD Printausgabe, 2.3.2012)