Im Februar sind die Arbeitslosenzahlen um 5,2 Prozent gestiegen. Davon waren aber nicht alle Bevölkerungsgruppen gleich stark betroffen. Bei ausländischen Staatsbürgern gab es den größten Zuwachs (+14 Prozent), gefolgt von behinderten Personen (+13,2 Prozent). An dritter Stelle folgen Menschen ab 50 Jahren (+10,3 Prozent).

Die Reaktionen ließen nicht lange auf sich warten. Sozialministerium, Arbeiterkammer, Gewerkschaftsbund, Gewerkschaftsjugend, Arbeitnehmerinnen- und Arbeitnehmerbund, Industriellenvereinigung, AMS Wien, SPÖ, ÖVP Wien, BZÖ und Grüne - sie alle haben in Presseaussendungen ihre Position bezogen. Und für wen setzten sie sich hauptsächlich ein? Richtig. Für unsere arbeitslosen Mitbürger ab 50. Manche ergriffen auch für die Jungen Partei, die es europaweit in Österreich immer noch am zweitbesten haben. Für behinderte Menschen machten sich nur die Grünen und der Gewerkschaftsbund stark. Und für die Ausländer? Die Arbeiterkammer Niederösterreich erwähnt sie ein einziges Mal. Ansonsten kam nichts.

Zunächst einmal ist nichts daran schönzureden, wenn Ältere zunehmend arbeitslos werden. Die Genannten tun recht daran, verstärkt Maßnahmen zu fordern, die dieser Entwicklung entgegensteuern. Frühpensionierungen, eine älter werdende Gesellschaft - das sind alles Entwicklungen, mit denen wir uns befassen müssen.

Wenn man die Zahlen vergleicht, sieht man allerdings Folgendes: 68.092 Ausländer, also jene in Österreich lebenden Migranten ohne die österreichische Staatsbürgerschaft, waren im Februar arbeitslos gemeldet. Das sind 8.344 mehr als im Jahr davor oder plus 14 Prozent. Nicht berücksichtigt sind da natürlich jene, die rein rechtlich gar nicht arbeiten dürfen. Bei Inländern stieg die Arbeitslosenzahl im selben Zeitraum nur um 4,1 Prozent. Dagegen waren 70.150 Menschen ab 50 arbeitslos gemeldet (+10,3 Prozent).

Wieso erwähnt niemand die Ausländer?

Sowohl in absoluten als auch in prozentuellen Zahlen ist die Situation bei Ausländern also um nichts besser als bei den Älteren. Nur, wieso erwähnt niemand die Ausländer? Traut sich niemand mehr, weil dann die FPÖ wieder ihre "Unsere Leute zuerst"-Karte ausspielen würde? Liegt es daran, dass man bei Ausländern nicht auf Wählerfang gehen kann?

So oder so zeigt sich daran ein Grundproblem: Manche Gruppen in unserer Gesellschaft haben keine Lobby. Niemanden, der sich für ihre Anliegen einsetzt, der auf ihre Probleme aufmerksam macht und Entscheidungsträger sensibilisiert.

Integrationsstaatssekretär Sebastian Kurz könnte wenigstens Teile dieser Aufgaben übernehmen. Tut er teilweise auch, aber sein Fokus liegt auf Gewinnertypen. Auf Leistungsträgern. Die Menschen auf den unteren Treppchen der Gesellschaft interessierten bis jetzt kaum. Dabei stünden ein paar interessante Fragen zur Diskussion: Wie wirkt sich Arbeitslosigkeit auf den sogenannten Integrationsprozess aus? Wieso sind Ausländer dermaßen überdurchschnittlich von Arbeitslosigkeit betroffen? Was kann man - außer "Leistung" zu fordern - dagegen tun? Könnte es sogar sein, dass das etwas mit Diskriminierung zu tun hat? (daStandard.at, 1.3.2012)