Bei der Eröffnung: Alfried Wieczorek, Direktor der Reiss-Engelhorn-Museen; Ralph Scheide, Österreichs Botschafter;  Sabine Haag, KHM-Direktorin;  Susanne Wichert, Direktorin des Curt-Engelhorn-Zentrums

Foto: rem / Carolin Breckle

Die Saliera ist nicht da. Das hat auch die ortsansässige Presse gleich pflichtschuldig angemerkt. So ein Klau macht populär, man kennt das von der Mona Lisa, die ihre Karriere einem Coup des Jahres 1911 verdankt. Womöglich kommen jetzt weniger Leute. Schade wäre es, denn was das Kunsthistorische Museum bis zum 2. September in Mannheim unter dem Titel Sammeln! von seiner Kunstkammer sehen lässt, ist schon einen Besuch wert. Man hat nicht weniger als eine "Dependance" eingerichtet.

Das Reiss-Engelhorn-Museum, wo sie installiert ist, stellt einen durchaus angesehenen Ort dar. Vor eineinhalb Jahren etwa zeigte man eine wunderbare Staufern-Ausstellung - mit Leihgaben, mit denen kaum zu rechnen war. Das REM und das KHM verbindet eine gemeinsame Verpflichtung zur wissenschaftlich-restauratorischen Aufarbeitung. Das ist auch der Hauptgrund für die jähe Zuneigung der beiden Häuser. Sie wird, das meint der Begriff Dependance, die jetzige Präsentation auch überdauern. Für 2013 ist eine Schau aus der völkerkundlichen Abteilung des KHM geplant, 2014 soll es um Barock gehen.

Was eigene Kostbarkeiten angeht, ist man in Mannheim kurzgehalten. Das meiste, was das pfälzische Herrscherhaus einst an sich raffte, ist in der Wittelsbachischen Zentrale in München. Mit deren Institutionen, wie mit jenen in Dresden, Berlin, St. Petersburg, arbeitet man ohnedies zusammen. Da würde eine Außenstelle für zusätzliche Kostbarkeiten womöglich nicht auffallen. Was nun in Berlin eröffnet wurde, ist der Versuch eines Kondensats an Kunstkammer. In möglichst hoher Dichte sollen die 140 Exponate dokumentieren, was in der Hochphase der Artifizialien-Sammlung geschätzt wurde: die Materialien von Koralle bis Scagliola, die Funktionen von Gefäß bis Porträt und vor allem die Manieren von Miniatur bis Schwelgerei im Ohrmuschelstil.

Neben, hinter, über allem steht die Technik, die Virtuosität, die Meisterschaft, gnadenlos und ohne jede Zurückhaltung vorgeführt. Das macht die Neuzeit vor der Moderne aus: Stets wird alles gezeigt, was man kann. Heraus kommt für uns Heutige vor allem auch ein Stück avancierter Museologie. Die Versammlung ist kein Best of - auch wenn mit der ottonischen Gregorplatte in Elfenbein, Adriaen de Vries' Bronzebüste von Kaiser Rudolf II. oder Leonhard Kerns Figur der römischen Göttin Abundantia einiges sehr Einschlägige vorhanden ist.

Lieber ist Repräsentativität das Stichwort. Repräsentativ fürs Haus und vor allem für die Epoche, der es verpflichtet ist. Was man denn jetzt sammle, nachdem die Habsburger das Geschäft für Jahrhunderte in aller Maßlosigkeit betrieben hätten, wurde KHM-Generaldirektorin Sabine Haag bei der Eröffnung gefragt. Wenig, war ihre souveräne Antwort; das Niveau des Hauses sei so hoch, dass es Entsprechendes kaum mehr gebe.

In Wien ist der Schatz dann laut Ankündigung des KHM wieder ab Dezember 2012 zu würdigen - oder, wie man jetzt in Mannheim erfuhr, doch erst ab Februar 2013.  (Rainer Metzger aus Mannheim   / DER STANDARD, Printausgabe, 1.3.2012)