Steven Sinofsky stellt Windows 8 auf Tablet, Laptop und Desktop-PC vor.

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Der Sperrbildschrim von Windows 8.

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Die Touchscreen-freundliche Benutzeroberfläche.

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On-Screen-Tastatur für Tablets.

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Microsoft hat sein jüngstes Betriebssystem Windows 8 zum Testen für Konsumenten freigegeben. Im Rahmen des Mobile World Congress in Barcelona stellte der Konzern vor Journalisten die wichtigsten Neuerungen vor. Dazu gehört neben einer überarbeiteten Benutzeroberfläche die Unterstützung von Touchscreens und energiesparenden ARM-Prozessoren für den Einsatz auf mobilen Endgeräten wie Tablets. "Unser Ziel mit Windows 8 ist es, PCs ohne Kompromisse zu liefern", sagte Windows-Chef Steven Sinofsky. Seit der Entwickler-Testversion im September seien 100.000 Änderungen vorgenommen worden, um ein reibungsloses Erlebnis zu gewährleisten.

Zwei Spuren

Für Microsoft ist es die wichtigste Produktvorstellung seit Jahren. Der Konzern will damit einerseits seine Vormachtstellung bei Desktop-PCs und Notebooks behaupten und andererseits auf dem boomenden Markt der Tablets Fuß fassen. Ohne Antwort auf Apples iPad und Googles Android-Plattform musste der Softwaregigant dieses Feld bislang der Konkurrenz überlassen.

Windows 8 wird zur plattformübergreifenden Unterstützung einerseits für traditionelle x86-Systeme (AMD, Intel etc.), sprich PCs, Server und Notebooks, und andererseits für ARM-Architekturen, wie sie mehrheitlich in Tablets und Smartphones zum Einsatz kommen, ausgeliefert.

Metro für Tablets

Um Windows 8 künftig mit Tablets ausliefern zu können, wurde das bewährte Desktop-Interface um eine auf Touchscreens optimierte Benutzeroberfläche erweitert. Wie beim Metro-Design des Mobile-Betriebssystems Windows Phone entwarfen die Entwickler hier ein auf Live-Kacheln basierendes Interface, das sich leicht mit den Fingern bedienen lässt. Über einen Online-Marktplatz werden passende Apps vertrieben.

Die neue Oberfläche wird standardmäßig auch am Desktop-PC oder Laptop angezeigt und ist kompatibel zu Eingaben per Maus und Tastatur. Wer dem nichts abgewinnen kann, darf zur gewohnten Schreibtischansicht wechseln. Die "Live-Kacheln" dienen nicht nur als Anwendungs-Icon, sondern zeigen gleichzeitig aktuelle Informationen wie das Wetter, neu eingegangene E-Mails und Facebook-Benachrichtigungen an.

Für alle Anwender

Sinofsky zufolge hat man darauf Wert gelegt, Windows 8 sowohl für Einsteiger als auch für Hardcore-Multiscreen-Nutzer auszulegen. Das Metro-Design führe beide Spektren der Anwenderschaft zusammen: sowohl den Spielkonsolen-Konsumenten (Xbox 360) als auch den Windows-Phone- und künftig den Windows-8-Nutzer.

Auf dem MWC stellte Microsoft vom Tablet über Laptops bis zum Stand-PC eine Vielzahl kompatibler Windows-8-Geräte vor. Darunter zeigte man Systeme mit Nvidia-Tegra-3- und Intel-Clover-Trail-Chips. Ultrabooks wie das Samsung Series 9 und das Dell XPS 13 fehlten ebenso wenig. Eine Neuvorstellung gab es von Lenovo: Das Lenovo IdeaPad Yoga lässt sich sowohl als Tablet als auch als Ultrabook einsetzen. Zum Schluss wurden noch ein Surface-Computer für bis zu zehn simultane Fingereingaben und ein Touchscreen mit 86 Zoll Diagonale mit Stifteingabe gezeigt.

Herausforderung Apps

Als größte Herausforderung für Microsoft sehen Branchenanalysten die Aktivierung der Entwicklergemeinde zur Erstellung passender Apps. Die überwiegende Mehrheit der mobilen Anwendungen wird derzeit für iOS und Android veröffentlicht. Einen Vorteil haben hier Programmierer, die bereits für Windows Phone entwickeln. Windows-8-Apps für das Metro-Interface basieren auf den gleichen Standards wie Windows-Phone-Anwendungen.

Zur Präsentation demonstrierte Microsoft eine Reihe aktueller Anwendungen vom digitalen Kochbuch bis zum Videospiel. Ein Vorteil für Entwickler sei, dass man HTML5-Anwendungen sehr rasch auf Windows-8-Apps portieren könne.

Für Anwender habe man ein strenges Auge auf das Design des Windows-Marktplatzes geworfen und ihn so gestaltet, dass man Programme möglichst rasch finden könne.

Multitasking

Ein Fokus für die Schöpfer war es, eine intuitive Nutzung mehrerer Apps gleichzeitig zu ermöglichen. In Windows 8 müsse man keine laufenden Programme schließen und sich "keine Gedanken über den Verbleib geöffneter Apps machen". Anwendungen im Hintergrund würden keine wesentlichen Ressourcen verbrauchen.

Ebenso habe man sich viele Gedanken über die Eingabe per Maus und Tastatur gemacht. "Nie mehr Strg-Alt-Entf, ich kann jetzt einfach die Enter-Taste drücken", so das Versprechen. Zur Navigation werden die vier Ecken des Screens künftig eine wesentliche Rolle spielen. Fährt man in die rechte obere Ecke, wird der Desktop aufgerufen. Die gegenüberliegende Ecke bringt die Apps auf Tableau. Um Anwendungen schneller aufrufen zu können, kann man zudem die Windows-Taste anschlagen und direkt den Namen des gesuchten Programms eintippen.

Integral sei weiters die Einbettung von Online-Diensten. Jederzeit könne man Inhalte über soziale Netzwerke wie Facebook und Twitter teilen oder auf den Online-Speicher Skydrive hochladen.

Kein Start-Button mehr und Sharing

Der von Windows 7 bekannte Desktop ist nicht verschwunden. Er lässt sich nach wie vor aufrufen, um Fenster zu verwalten und eine gewohnte Arbeitsumgebung einzurichten. Neu ist, dass Microsoft ihn nun mehr als Fullscreen-App betrachtet und nicht mehr als Zentrum. Deshalb sei auch der Start-Button weggefallen.

Ein besonderes Feature ist die Synchronisation zwischen Windows-8-Systemen. Loggt man sich mit seinem Microsoft-Online-Account ein, kann man seine Einstellungen auch auf anderen PCs und  Tablets abrufen und die Inhalte von Skydrive nutzen.

Bei den Netzwerkeinstellungen hat sich Microsoft von mobilen Geräten inspirieren lassen und Treiber für Mobilfunkchips vorbereitet sowie entsprechende Settings wie einen Flugzeug-Modus integriert. Die NFC-Unterstützung wurde ebenso berücksichtigt.

Office mit Touch

Etwas überraschend gab Microsoft auch einen kurzen Einblick in die Bürosoftware Office 15. Das kommende Softwarepaket rund um Word und Excel wird speziell für Windows-8-User auf Touch-Eingaben ausgelegt sein.

Speicherverwaltung

Oft kritisiert und mit Windows 8 nachgebessert wurde die Speicherverwaltung von Windows. Dank "Storage Space" könnten nun mehrere Datenträger zu einem gigantischen Speicherblock zusammengefasst werden. Microsoft demonstrierte die Zusammenführung von internen und externen Festplatten zu einem 50-TB-Volumen.

Vor allem für Unternehmen praktisch ist die Installationsmöglichkeit von Windows auf externen Datenträgern wie einem USB-Stick, um das eigene Betriebssystem stets mitführen zu können.

Neuer Internet Explorer

Bestandteil der Windows 8 Consumer Preview ist der Internet Explorer 10, der in einer Testversion seine überarbeitete Rendering-Engine demonstrieren wird.

Für Entwickler steht ab sofort Visual Studio 11 Beta zur Verfügung.

Testrahmen

Über den Testzeitraum der Consumer Developer Preview werden alle Apps im Marktplatz kostenlos zur Verfügung stehen. Zudem würden laufend weitere Anwendungen hinzugefügt.

Zu den ersten verfügbaren Angeboten gehören auch die Gewinner-Apps einer Microsoft-Ausschreibung - darunter Elements, PuzzleTouch, Air Soccer, Pew Pew, FlipStats, SigFig und Cookbook.

Profitabilität

Nach wie vor stellen Windows und Office die beiden großen Standbeine des Redmonder Softwarekonzerns dar. Branchenbeobachter schätzen, dass Windows 8 Microsoft weniger Profite einbringen könnte als vorangegangene Versionen des Betriebssystems. Das sei mit den allgemein niedrigeren Preisen für Tablets zu begründen. Für ein 400-Dollar-Gerät werde man den Hardware-Partnern nicht den Windows-7-Durchschnittspreis von 80 Dollar verrechnen können. Wie Reuters berichtet, gehen Analysten von OEM-Kosten um die 40 Dollar aus. Der Großteil des Windows-Umsatzes wird mit vorinstallierten Systemen erzielt.

Wann die finale Fassung von Windows 8 erscheinen wird, verriet man nicht. Erwartet wird ein Start Ende September, Anfang Oktober. (Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 29.2.2012)

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