Bild nicht mehr verfügbar.

Soll die Kuh schmecken, muss das Fleisch reifen.

Foto: Reuters

"Salopp formuliert, arbeiten wir gerade an einem besseren Schnitzelklopfer", erklärt Michael Pitzl, Experte für Verpackungen am Österreichischen Forschungsinstitut für Chemie und Technik (Ofi). Warum es dafür ein zweijähriges EU-Projekt mit insgesamt sieben Partnern aus drei Ländern gibt, ist schnell erklärt: "Einmal richtig abzuhängen" wird immer schwieriger in wirtschaftlich turbulenten Zeiten - sogar fürs Rindfleisch.

Soll die Kuh auf dem Teller schmecken, muss ihr Fleisch erst reifen - nach der Schlachtung noch rund zwei Wochen, weiß jeder Fleischer. Diese Wartezeit überfordert die Lebensmittelindustrie aber zusehends: "Die Kapazitäten von Kühlhäusern sind begrenzt", sagt Pitzl. Überdies verursacht dieses "Abhängen" bei konstanten Temperaturen zwischen ein und drei Grad Celsius einen erheblichen Energieverbrauch - auch aus diesem Grund ist die Ökobilanz von Rindfleisch so schlecht. Weltweit gibt es daher Bemühungen, den Reifeprozess künstlich zu beschleunigen. "In Japan wird das häufig enzymatisch erreicht", ergänzt Pitzl. In Europa hat diese Methode aber vor allem unter Konsumenten geringe Akzeptanz.

Lockerungsübungen

Kernstück des kooperativen Forschungsprojekts, an dem auch das Ofi als Institut der Austrian Cooperative Research (ACR) beteiligt ist, stellt demnach die Verbesserung eines mechanischen Verfahrens dar. Mit der angestrebten Nutzbarmachung der Stoßwellentechnologie in der Fleischwirtschaft könnte erreicht werden, "Schnitzel" quasi im industriellen Maßstab weichzuklopfen. Dabei kommt ein "explodierender" Aluminiumdraht zum Einsatz - also ein Stück geladenes Metall, das Druckwellen erzeugt. Durch diese Form der Auflockerung von Gewebe reift Rindfleisch deutlich schneller. "Im Labor ist es uns bereits gelungen, den Prozess auf eine Woche zu verkürzen. Allerdings ist die Reifezeit auch abhängig von der Art und Qualität der Fleischpartie", erklärt Pitzl.

Per Hightech-Klopfer könnte überdies ein Wettbewerbsnachteil der mitteleuropäischen Rinderwirtschaft gelindert werden: Anders als in flächenreichen Staaten - Argentinien etwa - werden in Europa häufig Rinder gehalten, die Milch und Fleisch liefern. Ein Steak von diesen sogenannten Zweinutzungsrindern erreicht aber im Allgemeinen nicht die gleiche Qualität. Das mechanische Zartmachen soll nun auch diesen Unterschied ausgleichen.

Druck lastet auf dem Packerl

Das größte Problem der Methode, die natürliche Reifung durch Druckwellen zu beschleunigen, besteht derzeit noch in einem einfachen Umstand: Das Rindfleisch ist zuvor schon unter Vakuum abgepackt worden. Dies ist in erster Linie aus hygienischen Gründen notwendig. "Bei unseren bisherigen Versuchen wiesen 20 Prozent der Verpackungen Beschädigungen auf", räumt Pitzl ein. Dadurch ist eine nachträgliche Verunreinigung des Fleisches möglich, zumal bei diesem Verfahren unter Wasser "geklopft" wird.

Aufgabe des Ofi ist es daher, gemeinsam mit einem heimischen Verpackungstechniker stabilere Schweißbeutel zu entwickeln - andere Partner im Konsortium kümmern sich um die Justierung der Stoßwellentechnologie. Erste Aussagen über die Fleischqualität lassen sich aber bereits treffen: "Wir messen die Energie, die zum Schneiden notwendig ist, und haben dabei nachgewiesen: Druckwellen machen das Fleisch schon nach einer Woche gleich zart wie jenes, das normalerweise 14 Tage reift", resümiert Pitzl. Ob das Verfahren Einfluss auf den Vitamin- und Proteingehalt nimmt, wird als Nächstes untersucht. (saum/DER STANDARD, Printausgabe, 29.02.2012)