Arbeit am Image: Andy Warhols "Mao" (1973). 

Foto: The Andy Warhol Foundation for the Visual Arts, Inc.

Am 28. Februar 1974 wurde Picassos Guernica das Ziel einer Sprayattacke. Dass gerade das Anti- Gewalt-Bild einen bildzerstörerischen Impuls ausgelöst hatte, mochte dabei weniger an seiner Thematik liegen als an seiner Weltberühmtheit. Picassos Werk hing damals noch im Museum of Modern Art, und es war ein in New York lebender Perser, der sich an ihm verging. Er sollte später seinerseits berühmt werden - als Galerist.

Tony Shafrazi hat sich seinen Namen unter anderem damit gemacht, dass er im Jahr 1984 Kollaborationen von Andy Warhol und Jean-Michel Basquiat zeigte. Die Bundeskunsthalle in Bonn, die das unter ihrem Intendanten Robert Fleck nun wieder tut, lässt Shafrazi in wandfüllenden Zitaten zu Wort kommen. Wahrscheinlich sind Zusammenarbeiten eine subtile Form von Ikonoklasmus: Man arbeitet einander zu, um den Kollegen als Rivalen in den Griff zu bekommen.

Die Idee zum flotten Dreier stammte von Bruno Bischofberger, auch Galerist, noch dazu Schweizer. Er brachte den italienischen Maler Francesco Clemente mit in die Runde. Zur Markenzeichenkultur des Factory-Betreibers Warhol und zur Street-Credibility des einst wilden Sprayers Basquiat kam durch Clemente so etwas wie Peinture.

Jederzeit bleibt erkennbar, wer was beisteuerte zu den insgesamt 15 in den Jahren 1984/85 entstandenen Tafeln. Schließlich geht es um das Nonplusultra des Pop: das Image. Andy Warhol hat es immer schon gewusst und souverän an seine Mitstreiter, von denen hier zwei zu sehen sind, weitergetragen.

Der beste Künstler, man muss es so sagen, ist Basquiat. Wie er Warhols Motive aufgreift und sie mit der Heruntergekommenheit New Yorks versetzt, wie er aus dem Dollarzeichen eine Schlange formt, wie er die berühmte Cover-Banane nimmt und sie anrotzt, indem er sie angebissen zeigt, oder wie er Warhols Mona-Lisa-Konterfei mit dem Schriftzug Boone kontert und damit Mary Boone, die New Yorker Star-Galeristin der Achtziger, mitklimpern lässt, das ist große Realistik.

Warhol - Basquiat - Clemente ergibt jeweils solo, im Duett oder im Trio eine nach mehr als 25 Jahren doch sehr kulinarische Revue. Komponiert hat sie Dieter Buchhart, der kurzzeitig Direktor der Kunsthalle Krems war und eine Art Spezialist ist für das Thema. Clemente hat ihn dabei sichtlich unterstützt. Und wenn man etwas lernt in der Schau, jenseits des Retrospektiven, das heutzutage immer gut ist für eine kulturelle Legitimation, dann dies: Künstlertode gibt es - bei Warhol, der 1987, bei Basquiat, der 1988 starb - ganz vital. Und es gibt sie - Clemente ist mit einer langen Reihe von aktuellen Arbeiten vertreten - ästhetisch. (Rainer Metzger, DER STANDARD - Printausgabe, 29. Februar 2012)