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Langsamer oder einfach anders: die Radpolitik in Österreich.

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Österreich ist langsamer. Oder einfach nur anders. In jedem Fall aber nicht Frankreich. Denn hier, in Österreich, stehen Verkehrspolitiker sich und einander vor lauter Klientel- und Ich-wisch-dir-eins-aus-Politik so gut im Weg, dass sie sich nicht einmal trauen, kontroverse Themen laut anzusprechen.

Ergo geht man hierzulande lieber in Deckung, wenn die Rede auf eine am 27. Jänner vom französischen Innenministerium proklamierte Neuerung im Straßenverkehr kommt. Denn diese "nouvelle signalisation à destination des cyclistes" kündigt nachgerade Unerhörtes an: Neue Verkehrszeichen und Ampel(zusatz)lichter "entraînent dans la circulation urbaine d'importantes mutations", werden also den Stadtverkehr nachhaltig verändern.

Denn die Schilder und Lichter (Nachrangzeichen, in die ein Bike und ein Richtungspfeil geradeaus respektive nach rechts gemalt sind, sowie Blinklichter seitlich auf der Höhe des grünen Ampellichtes) erlauben, was hierzulande Autofahrer zur Weißglut treibt: das Rechtsabbiegen mit dem Rad bei Rot - oder aber sogar das Überqueren einer Kreuzung, wenn die Verkehrssituation dies zulässt.

Freilich betont das Ministerium: Die Radfahrer haben Nachrang. Gegenüber Autos ebenso wie gegenüber Fußgängern. Und: Es steht den Kommunen frei, ob und wo sie diese Neuerung umsetzen.

An der österreichischen Radpolitik zog das bislang unbemerkt vorüber. "Schade", meint Christian Gratzer vom VCÖ. Er entdeckte diese französische Revolution in Berlin. Auf der Webseite einer Kreuzberger Radinitiative. Gratzer: "Der Blick über den Tellerrand wäre auch bei uns spannend. Aber man will lieber nicht wissen, was anderswo längst möglich ist." (Thomas Rottenberg/DER STANDARD/Automobil/24.2.2012)