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Der ehemalige Premier fühlt sich von der Justiz verfolgt.

Foto: EPA/OLIVIER HOSLET

Silvio Berlusconi hat einen seiner bisher gefährlichsten Korruptionsprozesse unbeschadet überstanden: Im Verfahren um die Bestechung des britischen Anwalts David Mills entschied das Gericht am Samstag auf Verjährung.

Damit ist die Rechnung des ehemaligen Premiers voll aufgegangen: Er hatte jahrelang versucht, den Prozess durch maßgeschneiderte Gesetze zu verschleppen. Zunächst ließ er die Verjährungsfrist für Korruptionsvergehen um fünf Jahre reduzieren. Dann gestattete ihm eine Regelung, Gerichtstermine unter Hinweis auf vordringliche Staatsgeschäfte abzulehnen. Gleichzeitig musste das Verfahren vom Prozess gegen Mills selbst getrennt und neu aufgerollt werden.

Im Jänner, als sich der Verjährungstermin näherte, spielte Berlusconi seine letzte Trumpfkarte aus: Er lehnte das Gericht wegen Befangenheit ab. Der Antrag wurde wie erwartet abgewiesen, aber der Cavaliere erreichte sein Ziel: das Vergehen war mittlerweile um zehn Tage verjährt. Der Staatsanwalt hatte fünf Jahre Haft gefordert.

Berlusconis Verteidiger Niccolò Ghedini und Piero Longo nahmen die Entscheidung der drei Richterinnen mit Genugtuung auf. Der Cavaliere selbst erklärte, ihm sei "halbe Gerechtigkeit" widerfahren, er bedauere, dass das Gericht nicht seine Unschuld bescheinigt habe.

Für das Scheitern des Verfahrens ist nicht nur die Verzögerungstaktik verantwortlich, sondern auch das gewohnte Bummeltempo der Justiz: Seit 1999 kam der Medienmogul in insgesamt sechs Verfahren in den Genuss der Verjährung. Drei weitere laufen noch, darunter der "Ruby"-Prozess.

Auch der Prozess gegen Mills persönlich fiel der Verjährung zum Opfer. Doch nach zwei Verurteilungen ließ das Höchstgericht keine Zweifel an der Schuld des Angeklagten, von Berlusconi ein Schmiergeld von 600.000 Dollar erhalten zu haben. Er soll einen Teil seines Vermögens in karibischen Offshore-Firmen angelegt haben.

Das Mailänder Gericht wird innerhalb von drei Monaten seine Urteilsbegründung hinterlegen. Darin wird es auch auf die Schuldfrage Berlusconis eingehen. Erst dann wollen seine Anwälte entscheiden, ob sie Einspruch einlegen, um einen Freispruch zu erzielen. Daran glaubt freilich niemand, denn nach italienischem Recht steht es jedem Angeklagten zu, freiwillig auf die Verjährung zu verzichten. (Gerhard Mumelter aus Rom, DER STANDARD, Printausgabe, 27.2.2012)