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Jüngst im iranischen Parlament: Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad überreicht Parlamentspräsident Ali Larijani das Budget fürs neue Jahr. Das Verhältnis der beiden ist alles andere als gut.

Foto: Office of the Iranian President, Mohsen Rafinejad, /AP/dapd

Teheran/Kairo - Der Gottseibeiuns des Westens, Irans Präsident Mahmud Ahmadi-Nejad beziehungsweise sein Lager geht äußerst geschwächt in die iranischen Parlamentswahlen am 2. März. Seine eigenen Anhänger sind stark dezimiert, ebenso seine Sympathisanten unter den Konservativen. Der konservative Wächterrat hat etliche seiner Leute aus den Kandidatenlisten herausgeschossen, sie mussten mit neuen, schwachen Kandidaten nachbesetzt werden.

Die Parlamentswahlen macht diesmal die herrschende Machtelite unter sich aus. Der Block der loyalen religiösen Reformisten - zu denen jetzt als Verräter angesehene Oppositionspolitiker wie Expräsident Mohammed Khatami und die Präsidentschaftskandidaten von 2005, Mir Hossein Mussavi und Mehdi Karrubi, zählen - fehlt bei diesen Wahlen. Nur sehr wenige Reformisten nehmen teil, obwohl sich gemäßigte Konservative zeitweise bemühten, sie hineinzuholen, um den Wahlen mehr Legitimität zu verleihen.

Trotzdem sind diese Wahlen alles anders als langweilig: Sie leben von den verschiedenen Brüchen innerhalb des konservativen Lagers, und sie könnten Richtungswahlen werden. 2013 läuft die zweite Amtsperiode Ahmadi-Nejads ab, und nach jetzigem Stand sind die Chancen gering, dass ihm ein Präsident aus seinem Lager nachfolgt. Noch wichtiger ist aber die Frage, wer den religiösen Führer, Ali Khamenei, dereinst beerben wird.

Im Wesentlichen stehen den Unterstützern der Regierung Ahmadi-Nejad zwei Gruppen gegenüber: die vom Expertenratschef Ayatollah Kani angeführten Traditionalisten oder Prinzipalisten (so nennen sie sich selbst), zu denen der starke Parlamentspräsident Ali Larijani - ein echter Ahmadi-Nejad-Hasser - gehört. Die andere Gruppe sind die Ultrakonservativen, angeführt von Ayatollah Mesbah Yazdi - der früher einmal ein Unterstützer Ahmadi-Nejads war. Das ist heute freilich anders, so wie sich ja auch Khamenei von seinem früheren Liebling abgewandt hat. Zwischen den Traditionalisten und den Ultrakonservativen ist Khamenei hingegen neutral.

Ahmadi-Nejads Sünde in den Augen aller Konservativen ist, dass er versucht hat, sich als Präsident vom religiösen Führer freizurudern und mit dem Aufbau eigener Netzwerke echte Macht anstrebte. Spätestens als er daran ging, seine Kontrolle auf das Geheimdienstministerium auszudehnen, kam jedoch ein lautes "Stopp" von oben. Khamenei sinnierte seitdem öffentlich darüber, ob man nicht die Direktwahl des Präsidenten oder das Amt überhaupt abschaffen könnte. Ahmadi-Nejad wird heute von manchen sogar als Teil eines " abweichlerischen" Lagers in der Islamischen Republik angesehen, aufgrund seines nationalistischen Diskurses, den sein Schwager und - von Khamenei - verhinderter Vizepräsident Esfandiar Rahim Meshaie mit seinem "Iran first"-Slogan (vs. "Islam first") auslöste. Dazu kommen seine katastrophale Wirtschaftspolitik und Korruptionsvorwürfe. In der Atompolitik zeigte er, bis er gestoppt wurde, eine gewisse Kompromissbereitschaft. Seine Ausfälle gegen Israel nimmt im Iran niemand ernst. (DER STANDARD, Printausgabe, 23.2.2012)