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Die Suspendierung der 495.184.000 Euro soll Ungarn als "kräftiger Anreiz" zur Budgetkonsolidierung dienen.

Foto: Reuters/Bernadett Szabo

Brüssel - Die EU-Kommission hat ihre Drohung gegen Ungarn wahr gemacht und friert rund 495 Millionen Euro Fördergelder aus dem Kohäsionsfonds für 2013 ein. Der Grund: die nicht zufriedenstellende Korrektur des ungarischen Budgetdefizits. Das teilten EU-Währungskommissar Olli Rehn und Regionalkommissar Johannes Hahn mit. Es ist das erste Mal seit dem Bestehen des Stabilitäts- und Wachstumspakts, dass die EU eine Sanktion verhängt.

Dieser "beispiellose" Schritt gegen einen Mitgliedsstaat, wie ihn die Kommission bezeichnete, sei eine Folge der trotz wiederholter Warnungen nicht erfolgten Budgetkonsolidierung. Die Suspendierung der 495.184.000 Euro solle Ungarn als "kräftiger Anreiz" dienen, erklärte Währungskommissar Rehn. Es müsse nun eine "vernünftige Finanzpolitik" eingeführt und für die entsprechenden makroökonomischen Bedingungen gesorgt werden, damit eine effiziente Verwendung der Gelder aus dem Kohäsionsfonds sichergestellt werden könne, so Rehn.

Logik des Six-Packs

Rehns Sprecher, Amadeu Altafai-Tardio, ergänzte, dass man den Schritt "zum Wohle der ungarischen Bevölkerung" tue, und um die Stabilität in Europa wahren. Es gehe nicht darum "jemanden vor den Kopf zu stoßen", so Altafai-Tardio. Die Kommission würde nur die verschärften Regeln, die man im Zuge des Six-Packs (verschärfte Regeln zur Budgetüberwachung in der EU, Anm.) beschlossen habe, umsetzen. Es sei die "Logik" des Six-Packs, dass die EU-Staaten strenger überwacht werden. "Wenn wir einen Verstoß entdecken, kann dies zu Maßnahmen führen". Dies erlaube dem Land, Reformen durchzuführen, "so lange dies noch möglich und kostengünstiger" ist, betonte Altafai-Tardio.

Die EU verschärft damit den politischen Druck auf Ungarn, das schon wegen Beschränkungen der Unabhängigkeit von Medien, Justiz und Zentralbank im Kreuzfeuer der Kritik steht. Gegen Ungarn laufen mehrere Verfahren wegen des Verstoßes gegen EU-Recht.

Ungarn fühlt sich verfolgt

Ungarn sieht sich freilich weiterhin von den EU-Institutionen verfolgt. Die EU-Kommission wolle mit der geplanten Einfrierung von Regionalfördermitteln "ein Exempel statuieren", kritisierte der ungarische Staatssekretär Mihaly Varga am Dienstag im ungarischen Fernsehen. Damit wolle Brüssel zeigen, wie es Ländern ergehen könne, die ihr Budgetdefizit nicht unter drei Prozent des Bruttoinlandsprodukts drücken können. Gegen Ungarn läuft seit 2004 ein Defizitverfahren.

Varga sieht die Maßnahme als politisch motiviert an. "Es scheint, dass die EU-Kommission meint, Ungarn könne in die Ecke gestellt werden", sagte er mit Blick auf die drei gegen Budapest laufenden Vertragsverletzungsverfahren.

Varga betonte, dass Ungarn das Budgetdefizit bereits unter die Maastricht-Grenze von drei Prozent gebracht habe. Allerdings bezweifle die EU, ob diese Grenze auch heuer und nächstes Jahr eingehalten werden könne.

Der frühere ungarische EU-Kommissar Peter Balazs warb hingegen um Verständnis für die Maßnahme. "Die ungarische Regierung schwimmt gegen den Strom", sagte er. Obwohl gegen mehrere Länder Defizitverfahren eingeleitet wurden, habe Ungarn "kein ermutigendes Zeichen" in Richtung Union gesandt. (APA/red, derStandard.at, 22.2.2012)