Moskau - Zehn Tage vor der russischen Präsidentenwahl beklagt nun auch die kremlkritische Zeitung "Nowaja Gaseta" Schwierigkeiten bei der Berichterstattung. Dem Blatt, für das die 2006 ermordete Kremlgegnerin Anna Politkowskaja gearbeitet hatte, sei der Geldhahn zugedreht worden, teilte die Redaktion am Dienstag mit. Als Mitherausgeber warf Friedensnobelpreisträger und Ex-Sowjetpräsident Michail Gorbatschow den Behörden vor, Druck vor der Wahl am 4. März auszuüben.

"Das zeigt noch einmal, dass den Machthabern in diesem Land die freie Presse ein Dorn im Auge ist", sagte Gorbatschow nach Angaben der Agentur Interfax. Die Zeitung übt immer wieder schärfste Kritik an Regierungschef Wladimir Putin, der sich erneut - wie schon 2000 und 2004 - zum Präsidenten wählen lassen will.

Die Behörden hätten dem Oligarchen Alexander Lebedew das Privatkonto eingefroren, über das er als Miteigentümer die Zeitung sowie humanitäre Hilfsprojekte finanziere, hieß es. Die Redaktion teilte mit, dass die Mitarbeiter für einen Monat auf ihr Gehalt verzichteten, damit die Zeitung weiter erscheinen könne.

Die Zentralbank in Moskau hatte zuvor mitgeteilt, Lebedews Nationale Reservebank einer Prüfung zu unterziehen. Im Zusammenhang mit dieser Kontrolle sei nun das Privatkonto des Milliardärs blockiert worden. Zuvor hatten nach Angaben der Bank Mitarbeiter des Inlandsgeheimdienstes FSB in einer beispiellosen Razzia Geschäftsräume der Zentrale sowie in mehreren Filialen durchsucht.

Journalisten beklagen vor der Kremlwahl zunehmenden Druck. Aus Protest gegen Auftragsberichterstattung verließen Reporter den Staatsfernsehsender NTW. Bei dem kremlkritischen Radio Echo Moskwy verloren Chefredakteur Alexej Wenediktow, sein Stellvertreter sowie zwei unabhängige Direktoren ihre Posten im Aufsichtsrat, nachdem Putin die Berichterstattung kritisiert hatte. Echo Moskwy überschütte ihn den ganzen Tag mit "Durchfall", hatte Putin gesagt. (APA)