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Der Tanzlehrer Ismet Özdek leitete die Choreografie des Jungdamen- und Jungherrenkomitees zur Eröffnung des Opernballs - hier bei der Generalprobe.

Foto: apa / HERBERT NEUBAUER

Wenn Sie zu jenen gehören, die die Eröffnung des Opernballs versäumt haben, sei Ihnen gesagt: Sie war - bis auf ein kleines Detail - genauso wie jedes Jahr. Gesang, Ballett, Debütantinnen und schließlich "Alles Walzer". Eine Kleinigkeit war diesmal anders: Der Tanz der Jungdamen und -herren wurde von einem anatolischen Ziegenhirten choreografiert.

Prädestinierung oder nicht

Ismet Özdek, der erfolgreiche Tanzlehrer aus Niederösterreich, wurde im "wilden Kurdistan" geboren, wie er selbst erzählt, und hat als Kind Ziegen und Schafe gehütet. Daran ist nichts Verwerfliches. Diese sinnvolle und mitunter auch anspruchsvolle Aufgabe wird Kindern überall auf der Welt anvertraut. Herr Özdek steht dazu und erzählte im Presserummel im Vorfeld des Opernballs freimütig und locker von seiner Kindheit in der Türkei. Seltsam war es allerdings schon ein wenig, dass sich alle auf dieses Detail stürzten. Aber so ist es eben mit der (Society-)Berichterstattung: Sensation ist gefragt. Und ein Türke, der in Österreich die Eröffnung des Opernballs choreografieren darf, ist ja wahrlich ein kleines Wunder. Das alles fiel nicht weiter unangenehm auf; bis zum Ballabend selbst, als die beiden Kommentatoren Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz uns prompt wissen ließen, Ismet Özdek sei "auf einer anatolischen Bergwiese geboren". Viel mehr fiel ihnen zum erfolgreichen Tanzlehrer nicht ein. Seltsam. Einige Minuten vorher wussten sie schließlich auch zu berichten, dass der Orchesterdirigent Andreas Spörri mit Blick auf die Burg Habsburg geboren wurde – "wenn das keine Prädestinierung für die Eröffnung des Opernballs ist!", entfuhr es einem der Kommentatoren.

Waschechte Prinzen

Wollten Karl Hohenlohe und Christoph Wagner-Trenkwitz den Herrn Özdek – oder Isi, wie sie ihn mehrmals neckisch nannten - auf seinen Platz (auf die anatolischen Bergwiese) verweisen? Vielleicht, und wenn, dann nur unterbewusst, unabsichtlich und ganz nebenbei. Wer kann es ihnen verdenken? Schließlich ist es doch wirklich irritierend, dass unter den ganzen jungen Damen und Herren aus dem Geld- und Politikadel samt waschechten Prinzen und Popstars auch ein Herr Özdek antanzen darf. Denken Sie bitte nur daran: Den Opernball gibt es seit bald 200 Jahren, und erst letztes Jahr wurde die Eröffnungs-Choreografie erstmals von einer Frau gestaltet. Man(n) geht also an diesem einen Tag in der Staatsoper nicht wirklich mit der Zeit.

Die erste Eröffnungschoreografin war übrigens Juanita Hieble, eine Vorarlbergerin mit "halbem Migrationshintergrund". Über ihre philippinische Mutter, die als Englischlehrerin nach Österreich kam, musste Frau Hieble nie Auskunft geben. Aber das ist ja auch eine ganz andere Geschichte. (Olivera Stajić, daStandard.at, 20.2.2012)