Sting sorgte im Gasometer für gepflegte Popstimmung.

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Wien - Es gibt da diese Aussage bezüglich Sting. Er hätte nie etwas Schlechtes gemacht. Außer Musik. Das ist natürlich säuerlicher Kritikerjargon, der darauf abzielt, dass Sting zu den Missionaren im Pop zählt. Also zu jener Spezies, der Bono von U2 vorsteht, und die vom Privatjet aus trachtet, die Welt zu einem besseren Ort zu machen. Ob die Welt will oder nicht. Bono bläst dabei ungleich mehr heiße Luft in die Atmosphäre als Sting, den die Aura des Weltstars von nebenan umgibt. Die pflegt er auch im Konzert. Am Sonntag streifte er auf seiner laufenden " Back To Bass"-Tour Wien und trat in der Gasometer-Halle auf. Selten sah man einen derart unprätentiösen, mit sich und seinem Tun so im Reinen wirkenden Musiker wie den mittlerweile im pensionsberechtigten 60. Lebensjahr angekommen Briten. Wenn er sich nicht gerade um seine sechs Edelimmobilien in der Toskana, der Karibik oder in Kalifornien kümmert, widmet er sich immer noch der Musik. Zurzeit begeht er sein 25-Jahr-Jubiläum als Solokünstler, in den späten 1970er- und frühen 1980er-Jahren hat er mit der seltsam benannten Band The Police 50 Millionen Alben verkauft. In einem Interview mit der Süddeutschen Zeitung wurde ihm zuletzt ein Privatvermögen von 200 Millionen Euro nachgesagt, Sting hat nicht widersprochen. Da ist es leicht, locker zu sein. Doch zuletzt litt seine Karriere an Ambitionen in Richtung klassischer Musik oder folkloristischen Schlossruinen-Gezirpes, also an dem nach einem Ex-Beatle benannten Morbus McCartney. Aus dem Folkausflug sind ihm für die aktuelle Tour zwei Geigen geblieben, die dem Konzert wesentliche Kontrastpunkte verliehen.

Lustiges Scheidungslied

Nach dem beschwingten Beginn mit dem die Zeitlosigkeit herbeisehnenden All This Time ging es über Every Little Thing She Does Is Magic in Richtung eines trocken rockenden Demolition Man. Das nach Schablonen-Country gesetzte I'm So Happy I Can't Stop Crying wirkte dagegen entbehrlich, Stolen Car im Duett mit Geigerin Jo Lawry charmant - ein Scheidungslied mit Happy End, wie Sting sagte. Dennoch wirkte die erste Konzerthälfte - im Sitzen von der Galerie aus erlebt - mit ihrer doch recht routinierten Emphase wie Fernsehen. Im Parkett war es in der zweiten Konzerthälfte dann zwar ungemütlicher, aber doch eher wie in einem Konzert. Sting brachte sich mehr und mehr in Fahrt, wobei er leider auch seine Mitspieler zum Solieren aufforderte, was nicht jeder Song verträgt. Aber im Popmuseum zählt vor allem das Erinnern, das Wiedererkennen. Derlei Verlangen wurde von einem solo gegebenen Message In A Bottle schließlich endgültig befriedigt. Sittlich gefestigt und geschmacklich bestätigt, empfahl sich ein gut unterhaltenes und gut erhaltenes Zeitzeugen-Publikum in die noch junge Nacht. Sting hat wieder einmal nichts Schlechtes gemacht. (DER STANDARD, Printausgabe, 21.2.2012)