Reinhold Mitterlehner ist Pragmatiker und Realist. Der Wirtschaftsminister hat schon neue Steuern, sogar auf Vermögen, erwogen, als dies in der ÖVP noch als Todsünde galt. Nun reizt er Parteifreunde von neuem - und zeigt Wohlwollen für eine Grundsteuer-Erhöhung.

Mitterlehner hat natürlich recht. Nicht nur er, sondern auch so sozialismusferne Organisationen wie der Internationale Währungsfonds wundern sich über die hierzulande mickrige Grundsteuer. Weil diese anhand von vorsintflutlichen Werten berechnet wird, die weit unter den steigenden Marktwerten liegen, genießen Grund- und Immobilienbesitzer einen schleichenden Steuernachlass. Nötig haben das die Profiteure in aller Regel nicht, denn bei Vermögen gilt: Großer Reichtum liegt in wenigen Händen.

In Zeiten von Sparpaketen ist deshalb nicht nur das strikte Nein der schwarzen Finanzministerin zu einer Erhöhung unverständlich, sondern auch das Herumgeeiere der SPÖ, die lieber die unrealistische Millionärssteuer promotet hat, statt die naheliegendste - weil bereits existente - Variante einer Vermögenssteuer konsequent zu forcieren. Dabei lässt sich die Abgabe sozial verträglich gestalten. Freibeträge könnten die "Häuslbauer" schützen, gesetzliche Verbote und sozial gestaffelte Absetzbeträge die Mieter vor einer Kostenabwälzung - und die Bauern brauchen ein eigenes System, das stark auf den Ertrag der Böden abzielt.

Den Erlös von bis zu einer Milliarde könnte der Staat sinnvoller anlegen als in Steuerrabatten für Wohlhabende. Die Grundsteuer fließt direkt in die Gemeinden, von denen viele ohnehin aus dem letzten Loch pfeifen. Die Regierung könnte sich im Gegenzug Zuschüsse für Pflege und Kindergärten ersparen und das Geld ihrerseits investieren: im besten Fall in Schulen und Unis - im schlechtesten in die Verarztung des Sparpakets, falls ersehnte Einnahmequellen wie die Finanztransaktionssteuer doch nicht sprudeln. (DER STANDARD, Printausgabe, 18./19.2.2012)