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Mit Kanzlerin Angela Merkel beim zweiten Anlauf ins Schloss Bellevue? Joachim Gauck wäre für viele Deutsche der Wunschpräsident.

Foto: REUTERS/Fabrizio Bensch

Kaum hatte Christian Wulff am Freitag im Berliner Schloss Bellevue seine Abschiedsvorstellung gegeben, da ging das muntere und inoffizielle Kandidaten-Casting schon los.

Bereits bei Bekanntwerden der Wulff'schen Affären im Dezember 2011 fiel der Name Joachim Gauck immer wieder. Der DDR-Bürgerrechtler und Ex-Chef der Stasi-Unterlagenbehörde war bei der Bundespräsidentenwahl 2010 der von Rot-Grün nominierte Gegenkandidat zu Wulff. Er ist in Deutschland über Parteigrenzen hinweg hoch angesehen und wäre Union, FDP, SPD und Grünen gleichermaßen vermittelbar.

Die Sache hat allerdings einen Haken: Merkel würde mit seiner Wahl gleich doppelt eingestehen, dass sie sich 2010 geirrt hat.

Doch es kursieren noch mehr Namen. Der Wunsch, Wulff durch einen besonders seriösen Nachfolger schnell vergessen zu lassen, könnte die Chancen von Verteidigungsminister Thomas de Maizière (CDU) oder Bundestagspräsident Norbert Lammert (CDU) steigen lassen. Beide gelten als äußerst erfahren und korrekt.

Allerdings kommen die Spitzen des brillanten Rhetorikers Lammert nicht bei allen gut an, er wird als leicht arrogant empfunden. Merkels Vertrauter de Maizière wiederum könnte bei seinem Wechsel ins Schloss Bellevue eine große und schmerzhafte Lücke in Merkels Kabinett hinterlassen.

Das Gleiche gilt für Finanzminister Wolfgang Schäuble (CDU). Er ist außerdem bei der FDP nicht besonders beliebt, weil er sich seit Amtsantritt von Schwarz-Gelb im Herbst 2009 vehement (und erfolgreich) deren Steuersenkungs-Plänen entgegenstellt. Und Schäuble hatte auch einmal "Geldprobleme". Er musste wegen einer nicht korrekt verbuchten Parteispende in Höhe von 100.000 D-Mark (51.129 Euro) im Jahr 2000 als CDU-Chef zurücktreten.

Immer wieder wird auch Klaus Töpfer (CDU) genannt. Er war unter Helmut Kohl deutscher Umweltminister und später Exekutivdirektor des Umweltprogramms der Vereinten Nationen (Unep). Für Merkel leitete er zuletzt die Ethik-Kommission zum Atomausstieg. Mit Töpfer könnte Merkel viele im grünen Lager ansprechen, weshalb in Berlin spekuliert wird, ein Bundespräsident Töpfer wäre Vorbote für Schwarz-Grün auf Bundesebene.

Auch im Gespräch, aber mit Außenseiterchancen, sind der beliebte ehemalige Bremer Bürgermeister Henning Scherf (SPD) und Arbeitsministerin Ursula von der Leyen. 2010 durfte sie sich einen Tag lang als Bundespräsidenten-Kandidatin fühlen. Dann disponierte Merkel um, und von der Leyen war blamiert. Seither, munkelt man, strebt sie Merkels Sessel im Kanzleramt an. (bau, DER STANDARD-Printausgabe, 18./19.02.2012)