Rapid und Austria kicken in dritter Dimension.

Foto: Sky

Wien - Wer über die nötige Hardware verfügt, wird am Wochenende zum Brillenträger: Gleich zwei TV-Sender umgarnen ihr Publikum mit 3-D-Programm. Samstag überträgt Sky ab 18 Uhr das Wiener Derby Rapid gegen Austria in 3-D. Kabelkunden schaltet der Abokanal gegen Registrierung auf sky.at frei. Tags darauf reicht Arte ab 13.25 Uhr mehr als sieben Stunden raumechtes Niveau nach - mit Filmen über Pop, Tanz und Tier (genaues Programm: Switchlist, Seite 33).

Von einer "großangelegten Aktion" spricht Sky-Innovationschef Stephan Heimbecher bezüglich des Wiener Kicks. Parallel zur 2-D-Produktion sorgen ein eigener Übertragungswagen, acht extra 3-D-Kameras und ein eigener Kommentator für Raumerlebnis auf den Bildschirmen. Rund 80 Personen sind im Einsatz. Langfristig setze sich 3-D durch, gibt sich Heimbecher überzeugt: "3-D ist ein intensiveres Seherlebnis, das anders genutzt wird."

In der Inszenierung von Events sieht auch der technische Direktor bei Arte, Thomas Palm, die Chancen der dritten Dimension. Arte veranstalte dieses Jahr sicher noch einen weiteren 3-D-Tag, sagt Palm. In Zukunft kann er sich monatliche, sogar wöchentliche Thementage vorstellen.

Verkauf läuft an

Das hängt vermutlich damit zusammen, dass nach schleppendem Beginn der Verkauf von 3-D-tauglichen Fernsehgeräten nun offenbar doch anläuft. Allein im Dezember wurden in Österreich rund 143.000 Fernseher verkauft, 21 Prozent davon mit 3-D-Empfang, Tendenz steigend. Sofern der Trend zum Neu-, Zweit- und Drittgerät anhält, gehen Experten davon aus, dass Ende 2012 rund die Hälfte aller Haushalte 3-D-fit ist. 870.000 Fernseher setzte die Branche zuletzt jährlich ab. In Deutschland wurden 2011 450. 000 3-D-TV-Screens verkauft. Noch höhere Umsätze versprechen Geräte, die für den 3-D-Effekt keine Brille - weder die altmodischen Pappmodelle noch die neuen Shutter - mehr erfordern. Toshiba bietet ein solches bereits an - und sorgt für ein Dilemma: Denn womöglich werden Konsumbedürfnisse geweckt, die eine preisbewusste Programmindustrie zumindest im Moment nicht befriedigen kann.

3-D-Produktionen sind ungleich teurer, deshalb mangelt es an Inhalten. "Um mindestens zehn bis zwanzig Prozent, im schlechtesten Fall um hundert Prozent mehr" kostet ein 3-D-Film im Durchschnitt, sagt Palm. Das fängt an mit speziellen Kameras und Hilfsgeräten für die Raumerfassung und endet bei einem um ein Drittel höheren Personalaufwand für Dreh und Postproduktion. Erfahrungen in der Umsetzung müssen erst gemacht werden. Augenfreundliche langsamere Schnitte, mehr Nahaufnahmen stellen Crew und Darsteller vor neue Herausforderungen.

"Noch nicht genug gute Inhalte vorhanden"

"Momentan sind schlichtweg noch nicht genug gute 3-D-Inhalte vorhanden, um einzelne Genrekanäle anzubieten", sagt Heimbecher. Auf der Wunschliste für dreidimensionales Schauerlebnis steht Sport an erster Stelle, gefolgt von Naturfilmen und Action. Marktführer in der Lieferung von Content ist aber vermutlich die Pornoindustrie, die voll auf griffige Bilder setzt.

Österreichs TV-Sender reagieren zurückhaltend bis skeptisch. Der ORF "beobachtet", sagt ein Sprecher. Nach Standard-Infos sind nicht alle Mitarbeiter mit dieser passiven Haltung einverstanden. Servus TV erzielte mit 3-D-Clips "gute Erfolge", sagt eine Sprecherin auf Anfrage. Mehr sei vorerst nicht geplant. ATV wartet ebenfalls ab. In Deutschland experimentieren ARD, ZDF und ProSiebenSat.1. Die Sehnsucht nach der dritten Dimension bleibt damit vorerst weitgehend ungestillt. (Doris Priesching, DER STANDARD; Printausgabe, 18./19.2.2012