Der neue Film The Iron Lady, in dem Meryl Streep die frühere englische Premierministerin Margret Thatcher spielt, beschäftigt nicht nur die Filmkritiker und das Publikum bei der Berlinale. Auch die Intellektuellen sehen sich herausgefordert: Julian Barnes schreibt in einer Besprechung in der New York Review of Books über seine Befürchtungen, dass die Sicht auf das politische Erbe der Vorkämpferin des Neoliberalismus nun durch ihre Altersdemenz entschärft würde. Zugleich verleiht er dem Hype um The Iron Lady eine brillant sarkastische Note, indem er eine Anekdote erzählt, derzufolge Margaret Thatcher sich im Jahr 2001 auf einem Parteitag in Plymouth mit einem Filmtitel vorgestellt hatte: The Mummy Returns.


Als Mumie erscheint sie in der Darstellung von Meryl Streep natürlich gerade nicht. Die amerikanische Starschauspielerin, die mit dieser Rolle einmal mehr für einen Oscar nominiert ist, verweist aber darauf, dass ein gewisses Maß an Fiktion eine Rolle spielt. Die Szenen, in denen Thatcher als alte Frau zu sehen ist, bezeichnet sie als "imaginiert" (embed). Und für die gesamte Idee von The Iron Lady bemüht sie ein großes literarisches Vorbild: Sie spricht von einem "Lear for girls", in Anspielung auf Shakespeares Tragödie. Und natürlich ist für Meryl eher eine feministische Perspektive interessant, als dass sie der politischen Agenda von Thatcher Vorschub leisten wollte.

In dem Text von Julian Barnes findet sich am Ende der Hinweis auf eine aktuelle politische Initiative in England, die mit brillanter Ironie auf die Widersprüche von Thatchers Politik verweist. Bereits jetzt steht nämlich fest, dass sie ein Staatsbegräbnis bekommen soll. Dieses Begräbnis soll einer Petition zufolge "privatisiert" werden - wie so große Teile des öffentlichen Sektors auf ihre Initiative hin während ihrer Amtszeit. Dass allein der Staat am Ende die Ehre zuteil werden lassen kann, die man sich durch dessen Aushöhlung verdient zu haben meint, das wollen die über 30000 Unterzeichneten dieser Petition ihr so nicht durchgehen lassen. Sie verlangen im Grunde so etwas wie ein "Marktbegräbnis" im Gegensatz zu einem Staatsbegräbnis - ein absurder Gedanke, der aber einen kritischen Kern von einiger Schärfe hat.

Nicht fehlen darf hier schließlich der Hinweis auf Nick Broomfields Dokumentarfilm Tracking Down Maggie, in dem es auch schon sehr wesentlich um die Frage der Überführung politischer Macht in persönliches Vermächtnis ging. Die DVD dieses sarkastischen Antiporträts bildet ein wirksames Gegengift gegen jede hagiographische Anwandlung im Zusammenhang mit The Iron Lady.