Wien - ORF-Chef Alexander Wrabetz beruft gegen die Entscheidung der Medienbehörde gegen Robert Ziegler. Der Vize-Chefredakteur wies ihm unterstellte Journalisten an, den norwegischen Attentäter Anders Breivik nicht "christlichen Fundamentalisten" zu nennen, sondern "religiösen Fanatiker" oder vor allem "Rechtsextremisten". Damit hat Ziegler laut Behörde die vom ORF-Gesetz "gewährleistete Freiheit der journalistischen Berufsausübung verletzt".

Fritz Wendl, Vorsitzender des ORF-Redakteursrats, protestiert nun heftig gegen die Berufung als "fatales Signal" nach außen und an die Journalisten: "Dem ORF-General steht jemand, der ihn als Stiftungsrat gewählt hat und ganz offensichtlich auch Teil eines im Zuge dieser Wahl geschnürten Personalpakets ist, näher als die journalistische Freiheit im und des ORF."

Wendl weiter: "Das KommAustria-Urteil ist ein exemplarisches, weil unmissverständlich klargestellt wird, wie weitreichend die Unabhängigkeit und Eigenverantwortung der ORF-JournalistInnen ist und es auch noch aufgezeigt wird, dass das Nichtbefolgen einer gesetzwidrigen Weisung dem ORF auch erspart den Spruch - mangels Durchschlagen der Gesetzesverletzung ins Programm - zu veröffentlichen. In diesem Zusammenhang ist auch daran zu erinnern, dass der Redakteursrat schon unmittelbar nach Bekanntwerden von Robert Zieglers Sprachregelungs-e-mail allen ORF-NÖ-KollegInnen folgende Klarstellung übermittelt hatte: 'Die im ORF-G/Redakteursstatut garantierte Eigenverantwortlichkeit und Unabhängigkeit der ORF-JournalistInnen darf selbstverständlich auch nicht durch Sprachregelungen, des Glaubens eines leitenden Mitarbeiters, etc beeinträchtigt werden.' Daran ist auch mit keiner Berufung zu rütteln."

Der ORF ließ dazu, durchsetzt mit Unverständnis über die Vorwürfe, wissen: "Alle gerichtlichen Handlungen, die der ORF setzt, tätigt der Generaldirektor als alleiniger gesetzlicher Vertreter, also jede Berufung, Klage etc, die der ORF macht, macht formal der Generaldirektor. So auch hier." Nun könnte man ergänzen: Der ORF-Generaldirektor ist aber grundsätzlich nicht verpflichtet, zu berufen. Das dürfte Wendl gemeint haben. (fid, DER STANDARD; Printausgabe, 15.2.2012, online ergänzt)