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Finanzministerin Maria Fekter will mit der Schweiz verhandeln, um dort gebunkertes Vermögen besteuern zu können. Bis 2013 soll die Vereinbarung stehen.

Foto: Reuters/prammer

Die von Rot-Schwarz geplante Abgeltungssteuer für Schwarzgelder in der Schweiz verstößt nach Ansicht der EU-Kommission wohl gegen europäisches Recht. Die Brüsseler Behörde stört vor allem die geplante Ausgestaltung der Steuer.

In der Schweiz geparktes Schwarzgeld soll einmalig mit einem Steuersatz zwischen 19 und 34 Prozent belegt werden. Zudem soll auf künftige Zins- und Dividendenerträge eine 25-prozen- tige Abgeltungssteuer eingehoben werden. Dieser Steuersatz ist an die Kapitalertragssteuer (KESt) angelehnt. Die Steuerhinterzieher selbst können stets anonym bleiben - die Schweizer Banken ziehen die Beträge ab, geben aber keine personalisierten Daten an ausländische Steuerbehörden weiter. Der Plan ist 1:1 einem zwischen Deutschland und der Schweiz im Vorjahr geschlossenen Vertrag nachempfunden.

Das stößt der Kommission sauer auf: "Angesichts unserer rechtlichen Bedenken würden wir keinem Mitgliedsstaat empfehlen, das deutsch-Schweizer Abkommen als Vorbild zu nehmen", heißt es auf Standard-Anfrage im Büro von Steuerkommissar Algirdas Semeta.

In der EU gilt seit 2005 die sogenannte Zinsrichtlinie, wonach EU-Länder grenzüberschreitende Zinseinkünfte ihrer Bürger melden müssen. Für Österreich und Luxemburg gibt es eine Ausnahme: Die beiden Länder führen von Zinseinkünften eine Quellensteuer in Höhe von 35 Prozent ab, melden ans Ausland aber keine Daten - die Steuersünder bleiben also anonym. Eine dieser Richtlinie nachempfundene Vereinbarung gilt auch zwischen der EU und der Schweiz.

Die EU-Kommission sieht in der Tatsache, dass Österreich einen Steuersatz von 25 Prozent vereinbaren will, eine Aushebelung des EU-Rechts. "Einzelnen Mitgliedstaaten steht es zwar frei, bilaterale Verträge auszuhandeln. Sie dürfen damit aber nicht in Bereiche eingreifen, die exklusives EU-Recht betreffen", heißt es im Büro von S emeta.

Höherer Steuersatz nötig

Konkret: Wenn Österreich an der anonymen Besteuerung festhält, muss der Steuersatz mindestens 35 Prozent betragen. Zudem soll die Abgeltungsteuer auch Dividendeneinkünfte erfassen und damit mehr Bereiche abdecken als die Zinsrichtlinie. Auch das ist der Kommission suspekt, die bereits eine Erweiterung der geltenden Richtlinie ausgearbeitet hat.

Abgesehen von der rechtlichen stellen sich bei Amnestie-Angeboten immer auch moralische Fragen: "Unter philosophischen Gesichtspunkten könnte man stundenlang diskutieren, ob es nicht ungerecht ist, Steuerflüchtlingen Amnestieangebote zu machen", sagt Klaus Hübner, Präsident der Kammer der Wirtschaftstreuhänder. Angesichts der Budgetnöte plädiere er aber für einen pragmatischen Ansatz. "Wenn man nichts macht, kommt man zu gar keinem Geld", sagt Hübner.

Im Gegensatz zu Deutschland gibt es für heimische Steuerflüchtlinge aber einen geringeren Anreiz, die einmalige Ablasssteuer zu zahlen, wie der Chef der Capital Bank, Constantin Veyder-Malberg, sagt. Denn: In Deutschland fallen auch bei Selbstanzeigen 19 bis 34 Prozent an Kosten an, in Österreich nur acht bis zehn Prozent der hinterzogenen Summe. Nachversteuert wird nur bis 2002, dazu kommt ein Strafzuschlag. Man hätte also bei der Ablasssteuer die doppelten bis dreifachen Kosten - in beiden Fällen müssten man keine rechtlichen Folgen fürchten.

Ein Teil des Schwarzgeldes würde aber wohl in andere Steueroasen transferiert, meint der Linzer Ökonom Friedrich Schneider. Auch wenn das Abkommen für Steuerehrliche ein falsche Signal setze, wiegen auch für ihn die erhofften Mehreinnahmen von einer Milliarde Euro stärker: "Ein Spatz in der Hand ist besser als eine Taube auf dem Dach."

Der Präsident der Rechtsanwaltskammer, Rupert Wolff, versteht zwar das "wirtschaftliche Interesse" der Republik, meldet aber "rechtsstaatliche Bedenken" an, wenn ein anonymer Kreis amnestiert wird, "nur weil er zahlt". (Günther Oswald, András Szigetvari, DER STANDARD; Printausgabe, 14.2.2012)