Brüssel - Seit dem Krisenjahr 2008 vergeht kein EU-Gipfel, ohne dass einige der Staats- und Regierungschefs die Einführung einer "Tobin-Tax" , einer Finanztransaktionssteuer (FTS), fordern. Angefangen hat damit Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy, später gesellten sich auch Kanzler Werner Faymann ("Spekulantensteuer" ) und die deutsche Regierung dazu.

Aber: Großbritannien und auch Schweden lehnten eine FTS ab. Sie haben bereits eine ähnliche Abgabe ("Stempelsteuer" ).

Und: Die EU-Länder sprachen zwar alle von der Finanztransaktionssteuer, jeder meinte darunter aber etwas anderes: So wollten etwa die Beneluxländer, dass diese Abgabe ins EU-Budget fließen sollte. Deutschland rechnete von Anfang an damit, dass die Einnahmen in nationale Budgets gehen. Weitgehend einig war man sich nur, dass die FTS - wenn überhaupt - im globalen Gleichklang eingeführt werden soll, um Wettbewerbsverzerrung zu verhindern. Aber die USA sagen strikt nein.

Auch die EU-Kommission war skeptisch. Mitte 2011 legte sie ein Modell vor, nach dem auf alle Finanztransaktionen kleine Aufschläge eingehoben werden sollen (0,1 Prozent). Damit könnten 50 Milliarden Euro pro Jahr erlöst werden, wovon die Hälfte in die nationalen Haushalte, die andere Hälfte ins EU-Budget flösse. Als Zieldatum galt zuerst 2018, später 2014. Seither ist Stillstand, die Einführung sehr ungewiss.

Man wartet die Verhandlungen über die neue EU-Budgetperiode (2014 bis 2020) ab. Vor zwei Wochen preschte erneut Sarkozy vor, der im April um die Wiederwahl kämpft. Die FTS will er nun ab Sommer im Alleingang in Frankreich einführen, sein Modell ist deutlich anders als das deutsche. Auf Druck von Paris haben zuletzt neun Länder (mit Österreich) vom EU-Vorsitz Dänemark einen Vorschlag bis zum Sommer gefordert. (Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.2.2012)