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Uri Rosenthal schließt auch eine Bewaffnung der Rebellen in Syrien aus.

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Schwerer Artilleriebeschuss in Baba Amr in der Provinz Homs.

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Eine Intervention wie in Libyen schließt er aus. Von Christoph Prantner.

STANDARD: Den Haag gehört zu den Falken, wenn es um schärfere Sanktionen gegen Syrien und Iran geht. Zumindest das Assad-Regime scheinen solche Sanktionen nicht weiter zu kümmern, oder?

Rosenthal: Falken? Das ist nicht das richtige Wort. Denn das würde bedeuten, dass wir über die angebrachten Proportionen hinausgehen. Aber das, was wir fordern, steht in Proportion zu den entsetzlichen Dingen, die das Assad-Regime seinen Bürgern antut. Wenn die jüngsten EU-Sanktionen rigoros umgesetzt werden, dann wirken sie auch. In Damaskus sehen wir bereits erste Erfolge durch das Einfrieren von Vermögen und Reisebeschränkungen für die Eliten des Landes. Syrien ist zunehmend isoliert. Es hat nur noch wenige Freunde in der Welt.

STANDARD: Aber die wenigen Freunde sind mächtig genug, um UN-Resolutionen zu blockieren.

Rosenthal: Es ist schade, dass Russland und China den Resolutionsentwurf in New York zu Fall gebracht haben. Jetzt müssen wir hart daran arbeiten, die Russen und Chinesen wieder an Bord bekommen – in welchem Setting auch immer.

STANDARD: Welche Chancen hat der Vorschlag der Arabischen Liga im Sicherheitsrat über eine UN-Friedenstruppe?

Rosenthal: Es ist sehr wichtig, dass die Arabische Liga ihre Verantwortung als einer der Schlüsselspieler in der Region ernst nimmt. Wir müssen deren Vorschlag, der im Großen und Ganzen als in Ordnung erscheint, mit Sorgfalt bewerten. Aber daneben muss die syrische Opposition in den kommenden Tagen vor allem Einigkeit zeigen. Sie muss koordinierte Bemühungen sehen lassen, innerhalb und außerhalb Syriens. Die niederländische Regierung hat für ihren Teil beschlossen, die Opposition mit allen nötigen Mitteln zu unterstützen – finanziell, mit Expertise und mit der Hilfe für syrische Oppositionelle, die im Internet aktiv sind. Was wir ausschließen, ist eine Bewaffnung der syrischen Opposition. Sicher jedenfalls ist: Bashar al-Assad muss abtreten. Das ist keine Frage des Ob, sondern nur noch des Wann, wie es US-Präsident Barack Obama formuliert hat.

STANDARD: Wird es in Syrien jemals eine humanitäre Intervention nach dem Vorbild Libyens geben?

Rosenthal: Ich möchte nicht spekulieren. Die Situation in Syrien ist von jener in Libyen völlig verschieden. Ich glaube nicht, dass man sagen kann, dass wir dort auch intervenieren sollten, weil wir es in Libyen getan haben.

STANDARD: Gesetzt den Fall, Assad gibt auf, welche Folgen würde ein Umbruch in Syrien auf die regionale Machtbalance haben?

Rosenthal: Wir müssen dann eine Roadmap entwerfen, mit der die sehr unterschiedlichen Kräfte in Syrien auf eine Versöhnungsstraße geführt werden. Es muss diese Versöhnung geben, wie schwierig sie auch sein mag. Alle Gruppen wissen: Sollten sie nach dem Fall Assads gegeneinander weiterkämpfen, wären ihre Opfer in diesen Tagen vergebens gewesen.

STANDARD: Viele Beobachter meinen, dass es in Syrien noch viel schlimmer kommen könnte als in Ägypten, dass das Land in die Hände Radikaler fallen könnte.

Rosenthal: Libyen, Tunesien, Ägypten – wenn es um die Bewältigung von Umbrüchen geht, dann muss die Wirtschaft anspringen, es muss freie und faire Wahlen geben sowie Respekt für die Menschenrechte. Wenn gewalttätige Islamisten in diesen Gesellschaften übernehmen, dann ist es klar, dass wir mit ihnen keine Geschäfte machen oder Kontakte halten werden. Wenn islamistische Parteien an die Macht kommen, bewerten wir sie nach ihrem Respekt für die Menschenrechte. Bisher haben die Ennhada und die Muslimbrüder zumindest erklärt, dass sie sich daran halten wollen. Das werden wir überprüfen. Sollten die Sunniten in Syrien bei freien und fairen Wahlen gewinnen, werden wir sie ebenso beurteilen.

STANDARD: Was halten Sie von den Gerüchten über einen bevorstehenden israelischen Angriff auf iranische Atomanlagen?

Rosenthal: Ich kommentiere keine Gerüchte. Die niederländische Position ist diese: Wir reden derzeit über Sanktionen. Die jüngsten werden am 1. Juli operativ. Wir sollten deren Effekt abwarten und nicht über andere Dinge spekulieren. Andererseits sagen wir weder, dass militärische Mittel nicht auf dem Tisch sind noch dass sie auf dem Tisch sind.

STANDARD: Im Iran wird gewählt, ändert sich die Lage dadurch?

Rosenthal: Wahlen sind nur dann Wahlen, wenn sie frei und fair sind. (DER STANDARD, Printausgabe, 14.2.2012)