Über einen Korruptionsfilz zwischen Politik und Wirtschaft wird in der Slowakei schon lange mehr als gemunkelt. Aber wenn die im Internet veröffentlichten Abhörprotokolle des Geheimdienstes echt sind - und daran ist nach den Erklärungen des Innenministers kaum zu zweifeln -, dann übertrifft die durch die Aktion "Gorilla" aufgedeckte Affäre die schlimmsten Vermutungen.

Die Slowaken, die zu Tausenden auf die Straße gehen, fragen sich, was sie wütender macht: die Dummheit der Beteiligten und Informierten zu glauben, die Sache könne geheimgehalten oder vertuscht werden; oder die Dreistigkeit, mit der die Akteure sich offensichtlich sicher vor Verfolgung wähnten.

Als mutmaßliche Schlüsselfigur wird der jetzige Außenminister Mikulás Dzurinda einigen Erklärungsbedarf haben, wie die Privatisierungen 2005/2006 während seiner zweiten Amtszeit als Regierungschef tatsächlich abliefen. Dzurinda ist seit zwei Jahrzehnten im politischen Geschäft und vermutlich der bestvernetzte Politiker der Slowakei.

Angetreten war er, um dem Land nach den bleiernen Jahren unter dem Autokraten Vladímir Mečiar zu einem Neustart zu verhelfen. Dabei ist ihm einiges gelungen. Inzwischen aber hat das Ansehen der Politik bei den Bürgern einen neuen Tiefpunkt erreicht. Will Dzurinda noch einen Rest davon - und von seiner eigenen Reputation - retten, dann hilft nur die schonungslose Aufklärung der Affäre. (DER STANDARD-Printausgabe, 13.02.2012)