Wien - Sozialminister Rudolf Hundstorfer (SPÖ) rechnet damit, dass das faktische Pensionsantrittsalter mit den Maßnahmen des Sparpaketes bis 2020 nur um 2,5 bis drei Jahre steigen wird. Die von Vizekanzler und ÖVP-Obmann Michael Spindelegger genannten vier Jahre habe er immer schon "sehr skeptisch" gesehen, sagte Hundstorfer am Sonntag in der ORF-"Pressestunde". Mutlosigkeit wollte sich der Sozialminister nicht unterstellen lassen. Er betonte, dass alle gefordert seien mitzuhelfen, damit ältere Arbeitnehmer länger in Beschäftigung bleiben. Die von der Regierung vereinbarten Maßnahmen verteidigte Hundstorfer.

Die für die Korridorpension vorgesehene Anhebung der nötigen Versicherungsjahre von 37,5 auf 40 soll schrittweise erfolgen. Die von Spindelegger in einem Hintergrundgespräch angekündigte weitere Erhöhung auf 42 Versicherungsjahre nach 2016 bestätigte der Sozialminister nicht. Das sei "nicht verhandelt" worden, sagte Hundstorfer. Dass bei der sogenannten Hackler-Regelung keine weitere Verschärfung vorgenommen wird, verteidigte er neuerlich mit dem Vertrauensschutz. In Loipersdorf sei schon beschlossen worden, Abschläge für Hackler-Pensionisten einzuführen, das Alter auf 62 anzuheben und Ersatzzeiten zu streichen. Diese mit 2014 in Kraft tretenden Maßnahmen müssten erst wirksam werden, dann könne man weitersehen. Man müsse "step by step" arbeiten.

"Wir machen es den Menschen nicht leicht"

Das wirkliche Problem sind für den Sozialminister die Invaliditätspensionen, dort müsse man ansetzen. Den Vorwurf des "Taschenspielertricks", weil für Unter-50-Jährige statt der Invaliditätspension ab 2014 ein Rehabilitationsgeld vom AMS ausgezahlt wird, wies Hundstorfer zurück. "Ich spiele mit offenen Karten." Es gehe dabei nicht um ein Schönen der Statistik. Auch beim AMS würden dies Personen künftig in einer eigenen Rubrik aufscheinen und nicht einfach den Arbeitslosen hinzugezählt. Für Hundstorfer geht es darum, dass über das AMS die Menschen besser in Beschäftigung gehalten werden können, verwies er auf ein "Bündel von aktivierenden Maßnahmen". Er zeigte sich zuversichtlich, dass man damit die Menschen zurück in den Arbeitsprozess bringen kann. Zum Thema Missbrauch gestand Hundstorfer zu, dass es vielleicht Invaliditätspensionisten geben könne, die einen Halbmarathon laufen, "aber wir machen es den Menschen nicht leicht".

Dass auch Mindestrentner von der für 2013 um einen Prozentpunkt und für 2014 um 0,8 Prozentpunkte unter der gesetzlichen Erhöhung vorgesehenen Pensionsanpassung betroffen sein könnten, schloss Hundstorfer aus. Der für 2013 um 400 Millionen und für 2014 um 320 Mio. Euro reduzierte Kuchen werde "sozial symmetrisch" verteilt. Die Pensionisten der Nationalbank, die sehr gut dotierte Privatverträge haben, werden freiwillige Beiträge leisten, kündigte der Sozialminister an. Ein gesetzlicher Eingriff sei hier nicht möglich. Eine "Schonung" der Beamten, weil ihnen die diskutierte Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrages nicht aufgebrummt wird im Gegenzug zur vereinbarten Null-Lohnrunde kann Hundstorfer nicht erkennen. Er geht auch davon aus, dass die Null-Lohnrunde kommt, obwohl die Beamten noch weitere Verhandlungen wollen.

"Keine signifikanten" Gewinner oder Verlierer

Für die Harmonisierung der Pensionssysteme mit einer Abschaffung der Parallelrechnung aus Ansprüchen aus altem und neuem System wird es nach Angaben Hundstorfers "keine signifikanten" Gewinner oder Verlierer geben. Die Umstellung werde mit einer nachvollziehbaren Formel geschehen, mit der Verluste und Gewinne minimiert werden. Dass es für ASVG-Versicherte ab dem Jahrgang 1955 und für Beamte erst ab Jahrgang 1976 gilt, begründete Hundstorfer mit dem anderen System der Beamten. Diesen hätten sonst Verluste von 30 bis 50 Prozent gedroht.

Mit der Gebühr von 110 Euro, die jeder Arbeitgeber für die Entlassung eines Arbeitnehmers zahlen muss, hofft Hundstorfer der Praxis einen Riegel vorschieben zu können, dass Unternehmer ihre Mitarbeiter kündigen und kurze Zeit später wieder einstellen. Von den erwarteten Einnahmen von 50 Mio. Euro im Jahr sollen 20 Mio. Euro zur Förderung älterer Arbeitnehmer verwendet werden. Für ein Bonus-Malus-System habe man mit den Sozialpartnern kurzfristig kein Modell geschafft, gestand Hundstorfer zu, daran wolle man aber weiter arbeiten.

Die von der SPÖ geforderte, von der ÖVP aber jetzt verhinderte Erbschafts- und Schenkungssteuer wird zum Wahlkampfthema für die nächste Nationalratswahl werden, kündigte Hundstorfer an. Dass die Solidarabgabe nur von Unselbstständigen gezahlt werden wird, wie Experten vorhersagen, weil Unternehmer es sich richten könnten, glaubt Hundstorfer nicht. Bei der technischen Ausgestaltung werde man darauf achten, dass nichts übersehen werde. Die Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage um weitere 90 Euro über die jährliche Valorisierung hinaus wird nach Ansicht des Sozialministers "verkraftbar" sein. Davon seien nur etwa zehn Prozent der Arbeitnehmer betroffen. Dass dieses Sparpaket nicht ausreichen und schon demnächst ein weiteres nötig sein könnte, schloss Hundstorfer aus. Man habe jetzt "einen ordentlichen Schritt" gemacht. (APA)