Athen muss weiter auf Europas Milliarden warten.

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Viele griechische Bürger finden das alles schon lange nicht mehr gut.

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Einmal mehr riefen die Gewerkschaften zu Protesten auf.

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Brüssel - Die Eurogruppe wird erst nächsten Mittwoch über das zweite Rettungsprogramm für Griechenland entscheiden. Eurogruppen-Chef Jean-Claude Juncker erklärte nach der Sitzung der Finanzminister am Donnerstagabend, es werde "keine Auszahlung" geben, bevor das im letzten Moment von Athen akzeptierte Sparpaket "nicht implementiert wird". Die Gewerkschaften wollen dies mit Streiks am Freitag und Samstag verhindern.

"Trotz des wichtigen Fortschritts, den wir in den vergangenen Tagen erreicht haben, hatten wir nicht die notwendigen Elemente auf dem Tisch, um heute Entscheidungen zu treffen", sagte Juncker. Der luxemburgische Ministerpräsident stellte der griechischen Regierung aber eine weitere Sitzung am Mittwoch in Aussicht, um dann ein zweites Hilfspaket in Höhe von 130 Milliarden Euro zu beschließen. Da Griechenland in den vergangenen Monaten allerdings vereinbarte Maßnahmen nicht umgesetzt hat, gibt es diesmal zusätzliche Bedingungen. Auch EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso erwartet für das neue Griechenland-Hilfspaket in der kommenden Woche grünes Licht.

Drei Bedingungen

Juncker nannte drei Bedingungen, die das hoch verschuldete Land erfüllen muss. Griechenland soll weitere Einsparungen in Höhe von 325 Millionen Euro für dieses Jahr benennen. Zudem müssten die Chefs der griechischen Koalitionsparteien schriftliche Verpflichtungen auf den vereinbarten Spar- und Reformkurs unterzeichnen, damit dieser auch nach den für April geplanten Wahlen fortgeführt wird. Schließlich muss das griechische Parlament dem Sparpaket zustimmen, auf das sich die Koalition am Donnerstag nach langem Ringen verständigt hatte. Es sieht unter anderem die Senkung der Mindestlöhne um 22 Prozent und die Streichung von 15.000 Beamtenstellen vor. Die Abstimmung ist für Sonntag geplant.

Erfüllt die griechische Regierung die Forderungen, wollen die Euroländer neben dem zweiten Hilfspaket auch einem Schuldenschnitt für Griechenland zustimmen. Dabei verzichten die privaten Gläubiger des Landes auf 100 Milliarden Euro. Ziel beider Schritte ist es, den griechischen Schuldenstand bis zum Jahr 2020 auf ein einigermaßen erträgliches Maß zu senkenGriechenland braucht jedenfalls spätestens in der zweiten Märzhälfte eine neue Kapitalspritze von 14,5 Milliarden Euro. Bisher wurden im Rahmen des ersten Rettungspakets in Gesamthöhe von 110 Milliarden Euro bereits in sechs Tranchen 73 Milliarden durch bilaterale Darlehen an Griechenland ausbezahlt. Österreich zahlte bisher 1,56 Milliarden an Athen.

Strengere Überwachung

Die Eurozone will aber zudem die Umsetzung der Sparmaßnahmen strenger überwachen. Es gehe darum, Griechenland "institutionell in den Stand zu versetzen, seine Schulden zu bedienen", sagte Juncker. "Ernsthaft geprüft" wird dafür auch der deutsch-französische Vorschlag eines Sonderkontos.

Die Gewerkschaften haben mittlerweile einen 48-stündigen Streik begonnen. Vor allem der öffentliche Verkehr wurde weitgehend lahmgelegt. Am Freitag legten die Streikenden zum zweiten Mal in dieser Woche Metro und Busse lahm, Schiffe blieben im Hafen. Krankenhausärzte und Bankangestellte legten die Arbeit nieder. Später sollten sich die Lehrer dem Ausstand anschließen. "Nein zu Entlassungen! Nein zu Gehaltskürzungen! Nein zu Rentenkürzungen!", skandierten Redner in Lautsprecherdurchsagen auf dem zentralen Syntagma-Platz in der Hauptstadt Athen. "Leistet Widerstand!", appellierten sie an die Demonstrierenden vor dem Parlamentsgebäude. 

Zusammenstöße bei Protesten

Bei den Protesten gegen die Sparpolitik in Griechenland hat es gewaltsame Zusammenstöße mit der Polizei gegeben. Dutzende Demonstranten warfen am Freitag im Zentrum Athens Molotow-Cocktails und Steine auf die Polizeikräfte, die mit dem Einsatz von Tränengas reagierten, wie das griechische Fernsehen berichtete. Auf den TV-Bildern war zu sehen, wie junge Männer auf dem Syntagma-Platz vor dem Parlament Steine abschlugen und auf die Polizei warfen. Ein Mensch war zu sehen, der offenbar verletzt auf dem Boden des Platzes lag.

Nach Polizeiangaben befanden sich rund 7000 Menschen zu einer Kundgebung auf dem Platz. Zuvor hatten vor dem Parlament rund 10.000 Anhänger der kommunistischen Arbeiterfront Pame friedlich demonstriert. Die Demonstrationen sind Teil eines zweitägigen Streiks aus Protest gegen die am Donnerstag verabschiedeten neuen Sparpläne der Regierung. Aufgerufen zu dem Streik hatten die wichtigsten Gewerkschaften des Landes.

Die Regierung hatte sich im Gegenzug für internationale Finanzhilfen im Umfang von 130 Milliarden Euro auf weitere Einschnitte geeinigt. Die Sparpläne sehen unter anderem die Streichung tausender Stellen im öffentlichen Dienst vor. Ohne weitere Finanzhilfen droht dem Land die Staatspleite. Am Sonntag soll das Parlament in Athen über die Sparmaßnahmen abstimmen, am Mittwoch wollen die Finanzminister der Eurozone erneut tagen.

Kuriose Aktion

Der Vorstand der Gewerkschaft der Polizisten des Landes (POESY) droht mit der Festnahme der Kontrolleure der EU. Nach Ansicht der Gewerkschaft versucht die "Troika", mit den harten Sparmaßnahmen die demokratische Ordnung umzuwerfen. Zudem versuche sie, die "nationale Souveränität" zu verletzen und vom griechischen Volk wichtige Güter zu rauben.

"Wir warnen Sie, dass wir die sofortige Ausgabe von Haftbefehlen fordern werden", hieß es am Freitag unter anderem in einer schriftlichen Erklärung, die an die Troika-Vertreter geschickt wurde. Zudem wurde am Freitag ein Flugblatt verteilt, auf dem "Wanted" (gesucht) stand und das für die Festnahme der "Troikaner" einen Euro als Belohnung in Aussicht stellte. (APA/red, derStandard.at, 10.2.2012)