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Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos und Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker  - nun kann der Grieche doch ein fertiges Sparpaket mitbringen.

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In Brüssel muss er dennoch einiges erklären.

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Athen/Brüssel - Nach tagelangem Verhandlungspoker hat Griechenland neue Sparauflagen akzeptiert und damit eine entscheidende Hürde für weitere Milliardenhilfen genommen. Nur wenige Stunden vor der Krisensitzung der Euro-Finanzminister stimmten die Spitzen der drei Regierungsparteien am Donnerstag in Athen den von der EU und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) geforderten Einschnitten zu. Die Einigung hatte auch unmittelbar darauf personelle Konsequenzen in der griechischen Regierung zufolge. Der politische Staatssekretär im Arbeitsministerium, Giannis Koutsoukos (Sozialisten), trat aus Protest gegen die harten Kürzungen sozialer Programme zurück.

Davon unberührt bewerten am Abend die Finanzminister der Euro-Zone, ob die Zusagen ausreichen. Griechenland braucht bis Mitte März frisches Geld, sonst droht dem Land die Pleite. Die Gespräche zwischen der Regierung und der Troika aus IWF, Europäischer Zentralbank und EU-Kommission seien am Donnerstagmorgen erfolgreich abgeschlossen worden, erklärte der griechische Ministerpräsident Lukas Papademos und fügte hinzu: "Die Parteichefs haben dem Ergebnis zugestimmt." Der Sanierungsplan ist Bedingung für das zweite, auf 130 Milliarden Euro taxierte Kreditpaket der Euro-Länder und des IWF für das Land. 

Nicht alles in trockenen Tüchern

Der rettende Sparplan sieht Einsparungen über 1,5 Prozent des Bruttoinlandsprodukts oder 3,3 Milliarden Euro allein 2012 vor. Zur neuen Streichliste gehört eine Kürzung des Mindestlohn von monatlich rund 750 Euro um 22 Prozent. Das Urlaubsgeld in der Privatwirtschaft soll nicht wegfallen. Das Einnahmeziel aus Privatisierungen soll bis 2015 jetzt bei 19 statt ursprünglich 50 Milliarden Euro liegen. Doch offenbar will die Regierung bis 2015 über Ausgabensenkungen und Steuererhöhungen 13 Milliarden Euro erzielen, fast doppelt soviel wie ursprünglich geplant.

Griechenlands Finanzminister Evangelos Venizelos hofft nun nach eigenen Worten auf ein Ja zum Kreditpaket. Doch eine abschließende Entscheidung ist nicht zu erwarten. "Es gibt viele Unklarheiten", sagte etwa Eurogruppenchef Jean-Claude Juncker. Deutschlands Finanzminister Wolfgang Schäuble verlangt, dass die Griechen die noch vom ersten Anpassungsprogramm unerledigten Reformen und Einsparungen gesetzlich anschieben müssen, ehe es neue Hilfen geben kann. Auch EU-Währungskommissar Olli Rehn zufolge müssten die Griechen die Partner noch vom Umsetzungswillen "überzeugen". "Es ist nun an der griechischen Regierung und dem Parlament, ihre europäischen Partner zu überzeugen durch feste Zusagen und konkrete Handlungen, was die Sicherung von finanzieller Konsolidierung und Strukturreformen angeht."

Allerdings sollen die Griechen grünes Licht erhalten, um in der kommenden Woche den privaten Gläubigern ein Angebot zum Schuldentausch zu unterbreiten. Griechenland soll durch den Forderungsverzicht um rund 100 seiner über 350 Milliarden Euro Schulden entlastet werden. Seit Wochen ist klar, dass angesichts der noch schlechteren Wirtschaftslage die Summe von 130 Milliarden Euro nicht reichen wird. Wie die Lücke geschlossen werden soll, ist aber umstritten. Neben höheren Hilfskrediten ist ein Sanierungsbeitrag der Europäischen Zentralbank im Gespräch, die hohe Bestände an griechischen Staatsanleihen hält. EZB-Chef Mario Draghi vermied auf seiner monatlichen Pressekonferenz in Frankfurt dazu allerdings jeden Hinweis.

Widerstand in der Bevölkerung

Die Bevölkerung in Griechenland wehrt sich dagegen immer stärker gegen die Strategie der Troika - hartes Sparen und Reformen für mehr Wachstum. Die Gewerkschaften riefen aus Protest gegen die Sparauflagen zu einem zweitägigen Generalstreik am Freitag und Samstag auf. Die Maßnahmen stürzten Rentner, Arbeitslose und Jugendliche ins Elend, sagte der Chef der Gewerkschaft der Staatsbediensteten, Ilias Iliopoulos: "Wir werden das nicht akzeptieren, das gibt einen sozialen Aufstand." Auch am Donnerstag Abend haben mehr als 6000 Menschen gegen die unbarmherzigen Einschnitte demonstriert.

Wirtschaftsminister Michalis Chrysochoidis warnte in der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" indes vor "einem großen Knall" in der Gesellschaft, wenn den Politikern keine Strategie zum Umsteuern des Landes einfalle und sie stattdessen nur die Einkommen immer weiter kürzten. (APA/Reuters/red, derStandard.at, 9.2.2012)