Die Strahlemann-Auftritte von "The Artist" können vor allem deswegen so zur Wirkung kommen, weil Jean Dujardin als George Valentin (und mit ihm Uggie) dazwischen ausführlich das Tal der Wirtschafts-Depression quert, ...

Foto: Filmladen

... so wie sich auch Bérénice Bejo als Peppy Miller nicht auf It-Girl-Miene und 1920er-Kleidungs-Chic reduzieren lässt - ein für Hollywood-Konventionen sehr selbstbestimmter Charakter übrigens.

 

Foto: Filmladen

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Anspannung (und Agentenmiene) vor der BAFTA-Gala: Jean Dujardin mit seiner Frau Alexandra Lamy ...

Foto: REUTERS/Luke MacGregor

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... und entspannt danach in Fußballer-Laune mit Russell Crowe.

 

Foto: APA/EPA/FACUNDO ARRIZABALAGA

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Prominente Kleindarsteller und Kernteam: Ken Davitian, Malcom McDowell, Bérénice Bejo, Regisseur Michel Hazanavicius und Dujardin beim Santa Barbara International Film Festival, wo Bejo und Dujardin den Cinema Vanguard Award erhielten.

 

Fotos: Michael A. Mariant / AP

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Eines der Plakate für "Les infidèles", das zur Mediendebatte führte, ob die Darstellung von Sexismus auch schon Sexismus bedeutet: Unter einer Standard-Ausrede "Ich geh' zurück in die Besprechung" Dujardin als angewitterter Yuppie, dessen Schürzenjägertum Frauen auf sehr wenig reduziert.

 

Foto: AP / Marsfilm

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Manche Posen sind lange eingelernt, manche Prominenz reicht lange zurück: Jean Dujardin und Alexandra Lamy 2005 auf dem roten Teppich von Cannes - als bloße Gäste beim Screening von Christian Carions "Joyeux Noel", aber noch ganz voll des "Un gars, une fille"-Ruhms.

 

Foto: REUTERS/Eric Gaillard

Ein postmoderner Zugang, der Harvey Weinstein frühzeitig auffiel: Dujardin als Geheimagent, der sich als Leiter einer Hühnerfarm (!) tarnt, 2006 in der von Michel Hazanavicious inszenierten Parodie "OSS 117: Le Caire, nid d'espions".

Foto: Koch Media

Zusammenarbeit mit längerer Vorgeschichte: Dujardin und Bejo ebendort.

Foto: Koch Media

Undercover als Schlagersänger in Kairo.

 

Foto: Koch Media

Krude Parodie-Vorlage: "OSS 177"-Filmplakat aus 1957.

 

Foto: Republic

Monument des Selbtmitleids von Werbeleuten: Dujardin 2007 in Jan Kounens Verfilmung des Beigbeder-Romans "39,90".

 

Foto: Alamode

Vom Stand-up-Komödiantentum mit wenig Lust auf Zwischentöne in Farben und Lautstärken (2005 als Surfer "Brice de Nice" mit Sidekick Clovis Cornillac als "Marius de Fréjus") ...

Foto: Ascot Elite

... zum Spiel mit dem Klassizieren: Fotopose 2009 für das traditionsreiche Studio Harcourt.

Foto: Studio Harcourt

Im Vorfeld einer Oscar-Verleihung, die wieder mal speziell geriatrisch ablaufen könnte: ein mit Clips und Links darauf gespicktes Feature zu einem der Top-Favoriten, der zugleich für einiges an Entertainment-Drive sorgen könnte.

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Ironisch wird schon von einer übermächtigen Aura des charismatischen Produzenten und Kino-Fans Harvey Weinstein gesprochen, der in Cannes eigensinnig beschloss, der französischen Stummfilm-Hommage "The Artist" zum Welterfolg zu verhelfen. Unter den seither zahlreichen US-Preisen für das mit Komik gespickte Künstler-Melodram fallen die branchenintern prominenten auf, die der Berufsverbände der Produzenten, Regisseure und Schauspieler - wohlgemerkt jeweils an Nicht-Verbandsmitglieder. Nebstbei gewann Filmhund Uggie das erstmals vergebene "Goldene Halsband".

Bei einer Beschäftigung mit der Sensation dieser Preissaison kommt natürlich niemand um den tragenden Hauptdarsteller herum: Jean Dujardin arbeitet seit längerem - in guter alter "One-Upmanship"-Manier - mit stets präsentem Sprach-Coach und vielen Medienauftritten an dem Umstand, dass er - trotz mehr als zehn Kinofilmen mit Millionenpublikum in Frankreich - in der englischsprachigen Welt nach übereinstimmender Meinung bislang "vollkommen unbekannt" war.

Aktuelles, kurzweiliges Beispiel für Dujardins Offensive: Für die US-Satire-Webseite "Funny or Die" sprach er schon mal für sämtliche Bösewichts-Rollen in künftigen US-Action-Blockbustern vor. Ein Geblödel vor dem Hintergrund, dass er vorerst keine Hollywood-Parts annehmen wird, einfach weil er daheim zu sehr ausgebucht ist. Für seinen spezifischen Starstatus hatte er Ende 2011 quasi den Ritterschlag erhalten, in Form einer Latexpuppe in der Satiresendung "Les Guignols" (vgl. "Spitting Image" in England) - wobei die Sendungsmacher offenbar fanden, Dujardin führe sich auf wie ein großkotziger Ligafußballer nach einer Siegesserie:

Siegesmeldungen gibt es jedenfalls auch in Europa: Eben erhielt "The Artist" den Fremdsprachenpreis der spanischen Goyas, am Freitag folgt das Césars-Heimspiel - gegen die sehr starke Konkurrenz von Maïwenn Le Bescos "Polisse", Pierre Schoellers "L'Exercice de l'État" und dem Kassenschlager "Ziemlich beste Freunde".

BAFTA-Ehren trotz Lokalfavoriten

Bei den sieben BAFTA-Preisen des vorigen Wochenendes war das Spezielle, dass der eigentliche Favorit in den meisten Kategorien, der Lokalmatador "Tinker Tailor Soldier Spy", gerade mal den Preis des Besten Britischen Films erhielt. Wobei die britische Akademie sich in ihrem Stimmverhalten (bei fast identen Kategorien) ja normal gerne von Hollywood emanzipiert: So ging der Fremdsprachenpreis an Almodóvar, beste Doku wurde die Formel-1-Studie "Senna" - und beide wurden in den USA schon bei den Nominierungen hinausgekickt.  

Was fällt auf bei Dujardins Red-Carpet-Interview? Dass er trotz sichtbarer Erschöpfung höflich bleibt und dass er gar nicht versucht, bezüglich "The Artist" prätentiös zu werden. Jedenfalls, mit Pathos reagiert er nur auf die Frage nach seiner Anzugsmarke, ...

... und bei der Entgegennahme des Preises amüsiert er dann mit Zitieren von Benny Hill und Buster Keaton. Der BAFTA-YouTube-Channel (Einbindung unterdrückt) bringt weiters in Kombination mit der Preisvergabe für den Besten Film ein Interview mit Produzent Langmann, Regisseur Hazanavicious und eben Dujardin, das vor allem freundlich bescheiden ausfiel. Letzterer sprach unüblich salopp über sein Metier: Viel sei von Gene Kelly abgeschaut, vor allem das Offensiv-Lächeln, das meiste aber von Douglas Fairbanks. William Powell könnte ergänzt sein, für die bedrückteren Szenen und das Zusammenspiel mit Uggie.

Wobei als Anmerkung bei dem ganzen Getöse ein wenig untergeht, wie großartig ihm gegenüber Bérénice Bejo mit den Manierismen der 20er-Jahre-Filmaktricen spielt. Bei den BAFTAs hatte sie in der Hauptrollen-Kategorie keine reelle Chance gegen Meryl Streeps Bulldozer-Performance, bei den Oscars sieht es für sie mit der Nominierung in der Nebenrollen-Kategorie besser aus.

Gibt es eine "Plakat-Affäre"?

Bei all diesen sogenannten "Fingerzeigen" für die Oscar-Gala publizierte jüngst eine Reihe von westlichen Medien - von "L'Express" über "Guardian" und "Telegraph" bis zur "New York Times" und zuletzt auch dem "Spiegel" - Warnungen, provokante Werbeplakate für einen kommenden Film könnten die Chancen beschädigen. Es gab Beschwerden beim französischen Werberat, die Plakate wurden nach wenigen Tagen entfernt, aber da waren sie schon weltweit publiziert. Der so mit viel Vorab-Publicity bedachte Film hatte vorigen Dienstag in Paris Premiere, heißt "Les infidèles" und ist (siehe Trailer) eine Episodenkomödie über die Lächerlichkeit notorischer Schürzenjäger. Ein langgedientes französisches Erfolgsgenre: "Ein Elefant irrt sich gewaltig" mit Jean Rochefort aus 1976 wurde im Hollywood-Remake 1984 zur "Woman in Red" mit Gene Wilder, und ein kürzlich verlautbartes künftiges Projekt von Dujardin wird ein Remake eines Claude-Berri-Films, dessen US-Kopie "Blame it on Rio" hieß.

Die stark im Stil der 80er Jahre gehaltenen Plakate (vgl. die zu "Woman in Red") seien jedenfalls heute unmöglich, wurde kommentiert - in einem Frankreich einer neuen Bewusstseinsbildung infolge der DSK-Affären. Das trifft wohl auf die Nervositäten in Pariser Medien- und Polit-Eliten zu; für die französischen Konsumenten wirkt es eher so, dass hier Fassadenkosmetik betrieben und auf den Überbringer schlechter Nachrichten geschlagen wird. Landesweit berühmt wurde Dujardin nämlich mit einer TV-Satireserie über französische Geschlechter-Verhältnisse, spezifisch über männliche Alltagsrüpeleien.

Loulou und Chouchou

Dujardin ist nämlich kein Produkt der Pariser Showbiz-Clans. Als junger Mann arbeitete er in dem Schlossereibetrieb seiner Familie, bis er im Zuge des Militärdienstes auf den Geschmack kam, es ernsthaft mit Kabarett zu versuchen. Die Truppe seiner frühen Jahre, Nous C Nous, war etwa so subtil wie tiefste ProSieben-Comedy - siehe etwa eine alberne Star-Trek-Parodie. Dann, 1999 bis 2003, kam der Jackpot in Form einer 439 Episoden umspannenden TV-Sketchserie über das Beziehungsleben von Jean, genannt "Loulou", und Alex, genannt "Chouchou" (gespielt von Alexandra Lamy, seither Dujardins Ehefrau). Eine YouTube-Suche nach "Un Gars, Une Fille" (ca. "Ein Bursch, ein Mädel") bringt unzählige Resultate; für die meisten benötigt es ein ganz gutes Verständnis von saloppem Französisch, eine bekannte Episode über einen Fototermin der beiden funktioniert auch so:

In der oben gezeigten "Guignol"-Satire war übrigens auf "Les infidèles" bereits angespielt worden - welcher spöttisch als "Loulou, le film" bezeichnet wurde.

Die Amerikaner: Alles Puritaner?

Der zweite Kommentar zu den Plakaten war, dass speziell Amerikaner in solchen Dingen gar keinen Spaß verstünden. Abgesehen von der Generalisierung: Nicht die Puritaner aller Couleurs, welche die Politik bekanntlich so bedrängen, stimmen bei den Oscars ab, sondern Schauspieler, Regisseure und dergleichen, die alle um kreative Freiräume ringen - und denen übers Ziel schießende Marketing-Abteilungen ja selbst konstantes Ärgernis sind. Unbeirrt blieb Dujardin daher bei seinem Entertainment-Tonfall, etwa wenn er als Gast von Jay Leno John Travoltas Tanzstil parodierte:

Zwei weitere Beispiele für das in US-Medien augenscheinlich willkommene Parodieren: Bérénice Bejo und Dujardin sind in einer ""Rolling Stone"-Filmsendung bei ABC zu Gast, erst blödeln sie über die Persona von Harvey Weinstein, dann singt er Charles Aznavours "For Me, Formidable". Und wie reagiert man am besten auf die Ehrung des Schauspielerverbandes? Mit dem lauten Absingen der "Marseillaise" und der Aufforderung, danach gemeinsam noch einen trinken zu gehen, natürlich.

Endlich Komödie?

Welche Erklärungen werden für den "The Artist"-US-Erfolgslauf angeboten? Respekt vor Harvey Weinstein? Sicher, aber das allein erklärt es nicht. Erinnerung an eine Zeit, in der Weltwirtschaftskrise und Technologiewechsel zusammenfielen - und Hollywood dies strahlend bewältigte? Klingt zu journalistengerecht verpackt - zumal der Film da überhaupt nicht konsequent ist, mit "Citizen Kane" und "Singing in the Rain" wird etwa viel Jüngeres zitiert. Aber diese spielerischen Züge - und ein Plot, der eigentlich zu lose gestrickt ist für die pathetische Kategorie "Bester Film" - deuten an, dass er ein Hintertürchen sein kann, um endlich mal eine Komödie zu prämieren. Und schließlich, am wahrscheinlichsten, dürfen Akteure und Aktricen darin endlich wieder mal so richtig raumgreifend fröhlich und traurig sein und mit der Kamera flirten - und sind off screen davon befreit, als Bedenkenträger auftreten zu müssen. Showbiz-Menschen mögen so etwas.

System Clooney

Ironie dabei: Wenn nun George Clooney, der bislang Letzte der klassischen "Matinee Idols", den Darsteller-Oscar bekäme, könnte Dujardin darüber kaum sauer sein. Denn was für Clooney die "Oceans 11/12/13"-Serie bedeutete, waren für das "The Artist"-Team zwei Kassenschlager, die außerhalb Frankreichs meist bloß auf DVD herauskamen: komödiantische Parodien auf Hubert Bonisseur de la Bath alias OSS 117, Superagent in zahllosen Taschenbüchern und einigen Filmen der 1950er und 1960er Jahre, ein hölzernes französisches Parallelphänomen zur Bond-007-Serie (siehe einen Trailer von 1956). 2006 erschien der knapp vor der Suezkrise angesiedelte "OSS 117: Le Caire, nid d'espions" ("OSS 117: Cairo, Nest of Spies") - und der Trailer zeigt, dass das spielerisch historisierende "Artist"-Prinzip schon voll da war (und übrigens Weinstein bereits hellhörig machte): 

OSS 117 ist darin ganz Kolonialist und Chauvinist mit nur sehr zäher Lernfähigkeit und bringt die Mienen der Gegenüber nicht nur einmal zum Einfrieren - und das in einem Ägypten zwischen Feudalsystem, Moslem-Brüderschaften und bürgerlich-konservativer Mittelschicht: auch in Komödienform eine Gratwanderung in einer Zeit, als Unruhen in Nordafrika wie europäische Interventionen schon absehbar waren. Die Eingangsszene des Trailers sei größer herausgepickt: Peter-Sellers-haft wird es, wenn Dujardin undercover als Orchestermusiker auftreten soll, aber ins Rampenlicht rutscht und sich dann in einen Schlager rettet, zum Gaudium des Publikums, zum Befremden von Ko-/Gegen-Agentin Bérénice Bejo:

Das Lied brachte Dujardin auch als Single heraus - eigentlich ist es das Siegerlied des Festivals von Neapel von 1956, "Guaglione" von Aurelio Fierro, das ein Jahr später, gecovert als "Bambino" von Dalida, zu einem (Kitsch-)Klassiker wurde.

2009 erschien dann die noch etwas zuschauerträchtigere Fortsetzung "OSS 117: Rio ne répond plus" ("OSS 117: Lost in Rio" - offizieller Trailer) mit einem erneut in Hochform ironischen Dujardin. Lag es daran, dass 117 es auch hier mit einer Nazi-Verschwörung zu tun hatte, dass es zu keinem deutschsprachigen Kinostart kam? Jedenfalls sind die "OSS 117"-Witze - anders als bei vergleichbaren zeitgenössischen Agentenparodien wie "Get Smart", "Johnny English" und denen um Austin Powers, die Sex & Slapstick bevorzugen - gerne politisch und pendeln dabei zwischen Derbheiten und Deadpan. Frankreich lachte gerne über "Grande Nation"-Vertreter, die zu Großspurigkeit und Trampeligkeit in der Lage sind - um dann doch verwirrt beizudrehen. Ein hübsch deftiges Szenenbeispiel, eine (na ja) Unterhaltung mit dem CIA-Kollegen:

"Ganz unbekannt" à la USA musste Dujardin deutschsprachigen Kinogängern nicht sein, aber eine Wahrnehmungsverschiebung ergab sich daraus, dass er bloß in ernsten Charakterrollen importiert wurde. 2010 lief Guillaume Canets bürgerliches Ensemble-Drama "Kleine wahre Lügen" ("Les petits mouchoirs"), 2007 Jan Kounens "39,90" ("99 francs"), die Verfilmung von Frédéric Beigbeders äußerst gehyptem, dann aber auch bald vergessenem Roman über die Werbebranche.

Genre-Arbeiten blieben außen vor

Unbemerkt war jedenfalls für die meisten, dass er auch in historischen Literaturverfilmungen wie "Il ne faut jurer ... de rien!" (2005, nach einem Stück von Alfred de Musset) auftrat wie in den Polizisten- und Gangsterstücken "L'amour aux trousses" (2005), "Contre-enquête" (2007) und "Ca$h" (2008) oder in Bertrand Bliers Literatendrama "Le bruit des glaçon" (2010). Und außerhalb der Landesgrenzen kaum bemerkt blieb auch ein Millionencoup von 2005, als er aus einer alten Sketch-Figur eine Kinokomödie schnitzte und auch gleich den Soundtrack beisteuerte: Der in Gesten und Slang sprichwörtlich gewordenen "Brice de Nice" ist ein Fanatiker des Wellenreitens und da speziell von Patrick Swayze in "Gefährliche Brandung", trägt programmatisch Gelb - und hat ein Problem: Nizza hat eine schöne Meeresküste, nur eben keine Wellen ...

Vielleicht ist gerade dieses Brachialgeblödel ein Schlüssel für das Verständnis der hohen Akzeptanz der Person Dujardin in der US-Branche, weist es doch auf ein großes aktuelles Manko hin: Es kommen einfach kaum mehr Schauspieler (und auch Schauspielerinnen) aus der Stand-up-Comedy-Szene, welche dann in Filmen zu Charakterdarstellern reifen - und dabei, so gefragt, stets auf den ursprünglichen Witz zurückgreifen können.

Gastauftritt in "Saturday Night Life"

Steve Carrell etwa feiert dieses Jahr seinen 50er, die 15 bis 25 Jahre Jüngeren sind primär "professionell" - lies: ernst. Die Judd-Apatow-Komödien-Produktion der abgelaufenen Jahre ist zu stark therapeutisch fundiert, aus diesem Eck kommen keine Charismatiker, geschweige denn spontane Song- und Dance-Einlagen. In England liegt es strukturell ähnlich: Die Monthy-Python-Generation ist im Ruhestand, die von "Blackadder" um Rowan Atkinson, Hugh Laurie und Stephen Fry schon recht nahe daran.

Die turbulente TV-Show "Saturday Night Life", zu der Dujardin übrigens kurz vor der BAFTA-Gala eine Parodie zum "Artist"-Hype beisteuerte (siehe unten, leider seitenverkehrt), hatte Generationen von Stars hervorgebracht, von Dan Aykroyd, den Belushis, Bill Murray, Billy Crystal und Eddie Murphy in den 1970ern und 1980ern zu Mike Myers, Adam Sandler und Will Ferrell in den 1990ern. Hier hat sich ein großes Loch aufgetan - und in das Feld filmhistorischer Komödien, in dem einst Woody Allen mit "Play It Again Sam" und später Steve Martin mit "Dead Men Don't Wear Plaid" aktiv waren, schob sich nun einfach "The Artist".

How to Sell "The Artist"

Als PS: Wen Zahlen interessieren: Bei geschätzten 15 Millionen Dollar Budget stehen die weltweiten Einnahmen derzeit bei über 60 Millionen, die in Nordamerika (von Weinsteins Vertriebsfirma betreut) allein bei über 27 - ein starker Wachstumsabfall ist noch nicht in Sicht, "The Artist" wird jedenfalls ein großer finanzieller Erfolg.

Als zweites PS: Für die, die noch etwas Zeit erübrigen wollen, eine illustrative französisch-englische Dokumentation darüber, wie der Film in den USA promotet wurde, mit Statements von Harvey Weinstein und Nahaufnahmen von den Besuchen bei den branchenrelevanten Kleinfestivals:

(hcl, derStandard.at, 20. Februar 2012)