Über fünfzig Jahre danach werden die (Um-)Erziehungsmethoden der Nachkriegszeit zum Thema.

Foto: Heribert Corn

In den Sechzigerjahren wurden Heimkinder systematisch gequält und missbraucht. In den Sechzigerjahren wurden Heimkinder mit dem Malariaerreger infiziert. In den Sechzigerjahren wurden in einer Tiroler Psychiatrie Kinder Experimenten unterzogen, unter zehnjährige Mädchen wurden z. B. mit einem Mittel aus der Tiermedizin niedergespritzt - wegen "sexueller Übererregung".

In den Sechzigerjahren waren die Ärzte, die unter dem Nationalsozialismus studiert hatten und deren Lehrer zum Teil sadistische Monster waren, auf der Höhe ihrer Laufbahn. Nicht nur Ärzte - auch (Hochschul-) Lehrer, staatliche Erzieher, Beamte in der Verwaltung hatten die menschenverachtende Ideologie verinnerlicht.

Viele von ihnen, wie etwa der "Spiegelgrund"-Mediziner Heinrich Gross, fanden in der SPÖ Aufnahme, weil die einen Akademikermangel hatte. Aber unter den "wissenschaftlichen" NS-Sadismus gemischt war auch die traditionell katholische autoritäre Mentalität. Thomas Bernhard nannte das die "katholisch-nationalsozialistische" Erziehung, unter der er selbst zu leiden hatte.

Das Furchtbare daran: Eine "strenge" Erziehung war allgemein gesellschaftlich akzeptiert. In der Studentenrebellion von 1968 wurde diese Form der autoritären Gesellschaft infrage gestellt; zwar eher pauschal, aber trotzdem war es eine Befreiungsleistung. Heute erst arbeitet man die Verbrechen dieser Mentalität genauer auf. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.2.2012)