Berlin - Ein günstiger Hauskredit, Autos zu Sonderkonditionen und jetzt auch Gratis-Urlaube: Der deutsche Bundespräsident Christian Wulff findet nicht aus dem Affärenstrudel heraus. Laut einem Bericht der "Bild"-Zeitung am Mittwoch wurde Wulff im Jahr 2007 vom befreundeten Filmunternehmer David Groenewold auf die norddeutsche Ferieninsel Sylt eingeladen. Der Präsident wies die Vorwürfe umgehend zurück. Wulff habe das Wochenende in dem Sylter Hotel "in voller Höhe selbst bezahlt", betonte sein Anwalt Gernot Lehr am Mittwoch in Bonn. Die Staatsanwaltschaft Hannover kündigte an, sich mit dem Vorgang zu befassen.

Laut "Bild"-Zeitung vom Mittwoch hatte sich der damalige niedersächsische Ministerpräsident vom 31. Oktober bis 3. November 2007 von dem befreundeten Filmunternehmer David Groenewold den Hotelaufenthalt buchen und bezahlen lassen. Der Preis für die Suite auf Sylt habe 258 Euro pro Nacht betragen. Groenewold habe dann vor knapp drei Wochen versucht, alle existierenden Unterlagen darüber an sich zu bringen - offenbar um die Einladung zu vertuschen, wie das Blatt schrieb.

Hotelangestellten sollten schweigen

Dem "Bild"-Bericht zufolge rief Groenewold vor kurzem in dem Hotel an und bat die Hotelangestellten zu Stillschweigen über den Vorgang. Wenige Tage nach seinem Anruf sei Groenewold persönlich im Hotel erschienen und habe sich von Hotelmitarbeitern alle relevanten Rechnungen und Belege aushändigen lassen. Wulff habe davon keine Kenntnis, hieß es in der Erklärung seines Anwalts weiter. Er "hielte eine solche Vorgehensweise in jeder Hinsicht für falsch".

Lehr erklärte zu den Vorwürfen, Groenewold habe das Pauschalangebot zwar gebucht und dabei die Zimmerkosten bezahlt. Wulff habe diese dann aber "in bar im Hotel beim Auschecken" erstattet. Es handle sich "um einen längst bekannten Sachverhalt". Die Berichterstattung vom Mittwoch sei ein weiterer Versuch, Wulffs Ansehen "nachhaltig zu beschädigen". Auch die "Bild"-Zeitung hatte auf die Angaben von Wulffs Anwalt verwiesen, wonach Wulff die Hotelkosten erstattete.

Roth: "Schnäppchenjägermentalität"

Die Staatsanwaltschaft Hannover will sich Vorgang nach eigenen Angaben mit dem Vorgang befassen. "Wir nehmen die Berichterstattung darüber mit großem Ernst zur Kenntnis", sagte Oberstaatsanwalt Hans-Jürgen Lendeckel dem Berliner "Tagesspiegel" vom Donnerstag. Teil der "gründlichen Untersuchung" sei die Berichterstattung über den angeblichen Versuch Groenewolds, Hotel-Belege in seinen Besitz zu bringen. Dies habe möglicherweise "Indiz-Wirkung" für einen Verdacht auf eine Straftat.

Grünen-Chefin Claudia Roth warf Wulff "Schnäppchenjägermentalität" vor. "Wir haben offensichtlich einen Bundespräsidenten, der eine Handkasse dabei hat", sagte sie dem Nachrichtensender N24. "Erst lässt er sich einladen, und dann zahlt er aber in bar", zerpflückte Roth die Erklärung Wulffs. SPD-Parlamentsgeschäftsführer Thomas Oppermann sagte vor Journalisten, er habe es nicht für möglich gehalten, dass Hotelaufenthalte und andere Gefälligkeiten "eine so prägende Rolle in der Politik spielen können". Die "Vertuschungen und Verdunkelungsaktionen" hätten eine Grenze erreicht, wo die Staatsanwaltschaft nicht länger zusehen könne.  (APA)