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"Es ist schon dumm, so eine große finnische Marke herunterzufahren", schimpften zwei Nokia-Arbeiterinnen Mittwochfrüh in der südwestfinnischen Kleinstadt Salo. "Wir sitzen alle im selben Boot, niemand kann sich seines Jobs mehr sicher sein" sagte ein anderer. Kurz zuvor hatte der finnische Handyhersteller die Verlagerung der Smartphone-Produktion nach Asien angekündigt. Rund 1.000 Arbeitsplätze will Nokia im Laufe des Jahres in Salo streichen, das sind zwei Drittel der 1.600 Jobs in der 1979 gegründeten Fabrik.

Der Stellenabbau kommt nicht unerwartet. Schon im Herbst hatte Nokia mitgeteilt, die Smartphone-Produktion umzustrukturieren. Dennoch ist die Nachricht für viele ein Schock.

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Der kriselnde Handy-Marktführer Nokia zieht in einem radikalen Schnitt die Reißleine in Europa: Die Smartphone-Produktion wird nach Asien verlagert, mehrere tausend Arbeitsplätze fallen weg. Insgesamt sind in Ungarn, Finnland und Mexiko 4.000 der zusammen 6.900 Mitarbeiter betroffen. Die Verbliebenen sollen die Telefone an lokale Märkte anpassen, dabei geht es zum Beispiel um die Installation zusätzlicher Software oder eine Umverpackung, wie ein Sprecher am Mittwoch sagte.

Innovationstempo und eine bessere Verzahnung

Der Umzug in die Nähe der asiatischen Zulieferer solle für ein höheres Innovationstempo und eine bessere Verzahnung mit den Bauteile-Herstellern sorgen, erklärte Nokia. Den betroffenen Mitarbeitern solle bei der Suche nach neuen Jobs geholfen werden.

Nokia ist einer der wenigen Elektronik-Anbieter, die noch selbst ihre Geräte bauen. Konkurrenten wie Apple setzen auf asiatische Auftragsfertiger. In der Vergangenheit hatte es immer wieder Spekulationen gegeben, Nokia könnte die eigene Produktionsstruktur auf den Prüfstand stellen. Offiziell heißt es jedoch stets, man habe damit enorme logistische Vorteile.

Stellenabbau soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein

Beim nun angekündigten Umbau verlieren die meisten Nokia-Mitarbeiter ihre Arbeit im ungarischen Komarom: In dem Werk 100 Kilometer westlich von Budapest müssen nach Nokia-Angaben 2.300 von 4.200 Beschäftigten gehen. In Salo in der finnischen Nokia-Heimat fallen 1.000 von 1.700 Arbeitsplätzen weg. In Mexiko müssen sich im Werk Reynosa 700 von 1.000 Arbeitern einen neuen Job suchen. Der Stellenabbau soll bis zum Ende des Jahres abgeschlossen sein.

Das ungarische Wirtschaftsministerium bedauerte Nokias Schritt. Man werde "alles unternehmen, um den in eine schwierige Lage geratenen Betroffenen zu neuen Arbeitsplätzen zu verhelfen", hieß es in Budapest. Der ungarische Ministerpräsident Viktor Orban hatte Nokia erst am Dienstag in seiner jährlichen Rede zur Lage der Nation zusammen mit anderen Industrie-Investoren wie Mercedes, Audi und Bosch als positives Beispiel für ausländisches Wirtschaftsengagement in Ungarn hervorgehoben.

Navigationsdienste

Nokia hatte vor kurzem bereits die Produktion einfacher Handys aus dem rumänischen Cluj nach Asien verlagert. Auch das hatte für Aufregung gesorgt: Das Werk war erst 2008 von Bochum aus nach Rumänien gezogen. In Deutschland baute Nokia stattdessen einen Schwerpunkt für Software-Entwicklung auf, unter anderem bei Navigationsdiensten.

Nokia kämpft mit sinkenden Verkäufen und hohen Verlusten. Zuletzt gab es allein im Schlussquartal 2011 ein Minus von 1,1 Mrd. Euro. Die Kostenersparnisse durch die günstigere Produktion in Asien stünden bei der Verlagerung aber nicht im Vordergrund, betonte ein Sprecher.

Übergang

Im boomenden Smartphone-Markt steckt Nokia gerade in einer schwierigen Übergangsphase. Im November kamen die ersten Lumia-Telefone mit dem Microsoft-Betriebssystem Windows Phone auf den Markt, davon wurde bis Ende 2011 rund eine Million Geräte abgesetzt. Das konnte die Rückgänge bei Nokias alter Plattform Symbian allerdings bei weitem nicht ausgleichen. (APA)