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Kurz nach Mitternacht am 1. Juli 1997 gebar Stella Chau eine Tochter: Das Baby war damit offiziell das erste, seit Hongkong formal wieder zu China gehört. Aufgrund eines Sonderstatus wollen noch heute tausende Chineseninnen dort gebären - im Vorjahr 10.000 mehr, als gesetzlich zugelassen.

Foto: REUTERS/Dylan Martinez

Hongkong/Peking/Wien - Glück, eine steile Karriere und eine ehrenwerte Position in der Gesellschaft soll laut chinesischer Astrologie einem im Jahr des Drachen geborenen Kind zuteil werden. Wegen des Wunsches nach einem "Drachenkind" dürfte die Geburtenrate Schätzungen zufolge in dem am 23. Jänner 2012 angelaufenen Jahr um fünf Prozent ansteigen - sehr zum Unmut der Hongkonger Bevölkerung.

Denn immer mehr Chinesinnen, die es sich leisten können, bringen ihre Kinder in Hongkong zur Welt, was die Bewohner der ehemaligen Kronkolonie um ihr Gesundheitssystem fürchten lässt, wie die Süddeutsche Zeitung am Dienstag berichtete. Der Trend ist nicht neu, aufgrund des Babybooms dürfte sich die Situation heuer aber verschärfen.

Bis zu 30.000 Euro teuer

Laut Gesetz dürfen 34.400 Chinesinnen in Hongkong pro Jahr ein Kind zur Welt bringen, 2011 waren es laut Bericht aber mehr als 45.000. Die Regelung legt fest, dass 3400 Frauen aus China in öffentlichen Krankenhäusern entbinden dürfen, alle anderen müssen auf Privatspitäler ausweichen. Eine Geburt dort kostet zwischen 7800 und 30.000 Euro.

Hongkong gehört zwar seit dem Jahr 1997 formal zu China, hat aber nach wie vor einen Sonderstatus. Hongkonger genießen Reisefreiheit. Der deshalb sehr begehrte Pass steht laut 2001 gefälltem Entscheid des Höchstgerichts jedem in Hongkong geborenen Chinesen zu.

Hochschwangere an Grenze abgewiesen

Erwachsene Frauen aus China dürfen dagegen nur sieben Tage in Hongkong bleiben. Die Süddeutsche berichtet, viele Schwangere lebten vor der Geburt illegal in der Stadt oder würden versuchen, gezielt zum Geburtstermin einzureisen - ab der 28. Schwangerschaftswoche sei aber eine Reservierung in einer Klinik vorzuweisen. Im Vorjahr seien mehrere Hochschwangere noch an der Grenze abgewiesen worden.

Gegen chinesische Geburtstouristinnen gingen aufgebrachte Bürger bereits mit Plakaten auf die Straße, auf denen durchgestrichene Babybäuche zu sehen sind, in Zeitungen wurden Inserate geschaltet, die gegen den Trend Stimmung machen. Einzelne Stadtpolitiker machen sich inzwischen für ein Einreiseverbot für Frauen ab der 32. Schwangerschaftswoche stark.

Chinesische Familien, die es sich leisten können, weichen Berichten zufolge immer öfter für Geburten in die USA aus. Einem Baby, das dort zur Welt kommt, steht automatisch ein US-amerikanischer Pass zu. (spri, DER STANDARD, Printausgabe, 8.2.2012)