Kairo - In Ägypten mehren sich die Zeichen für eine raschere Machtübergabe des Militärs an eine gewählte Zivilregierung. Der Chef des Obersten Militärrates, Feldmarschall Mohammed Hussein Tantawi, rief am Montag dazu auf, die Vorbereitungen für die Präsidentenwahl rasch abzuschließen. Er habe die Dringlichkeit bei einem Treffen mit der Spitze der Verfassungsgebenden Versammlung betont, berichtete die ägyptische staatliche Nachrichtenagentur MENA.

Bewerbungen für die Präsidentenwahl würden ab 10. März angenommen, sagte Abdel Moaz Ibrahim, Leiter der Wahlkommission. Dies sei eine Reaktion auf den Druck politischer Gruppen, den Übergang von der Militär- zu einer Zivilregierung voranzutreiben. Zuvor hatten Berater des Militärrates vorgeschlagen, die Vorbereitungen für die Präsidentenwahl zu beschleunigen: Die Nominierung von Kandidaten solle bereits ab 23. Februar möglich sein und nicht erst Mitte April. Damit könnte die Wahl bereits im April oder Mai stattfinden.

Erneut Toter

Bei erneuten Zusammenstößen zwischen Demonstranten und Sicherheitskräften in Kairo ist am Montag ein Mensch getötet worden. Das teilte das Gesundheitsministerium mit. Damit stieg die Zahl der Toten seit dem Beginn der neuen Protestwelle am Donnerstag auf 13. In der Umgebung des Innenministeriums warfen Demonstranten vom Nachmittag an Steine auf die Sicherheitskräfte. Die Polizei feuerte regelmäßig mit Tränengasgranaten, in der Nähe des Tahrir-Platzes schoss die Polizei zudem laut Angaben von Augenzeugen mit Schrotkugeln.

Parlamentspräsident Saad al-Katatni sagte, das Innenministerium habe ihm versichert, es würden keine Schrotkugeln eingesetzt. Der liberale Abgeordnete Mohammed Abu Hamed zeigte daraufhin im Parlament eine Patronenhülse, die er nach eigenen Angaben am Ort der Zusammenstöße gefunden hatte.

In den vergangenen Tagen hatten Tausende gegen die Militärführung protestiert. Am Sonntag gingen in Kairo Polizisten mit Tränengas gegen Oppositionelle vor, Demonstranten bewarfen die Sicherheitskräfte mit Steinen. Die Demonstranten fordern, dass der seit dem erzwungenen Rücktritt von Präsident Hosni Mubarak vor einem Jahr regierende Militärrat die Macht schneller abgibt. Auch der prominenteste Präsidentschaftsbewerber, der ehemalige Generalsekretär der Arabischen Liga und Ex-Außenminister Amr Mussa, pochte auf einen neuen Fahrplan. Die Wahl dürfe nicht später als Ende April stattfinden. Der Friedensnobelpreisträger und Ex-IAEA-Chef Mohammed ElBaradei hat aus Protest gegen die Politik des Militärrats erklärt, er werde nicht kandidieren. Er warf den Generälen vor, an der Fortsetzung des alten Systems zu arbeiten.

Der gewaltsame Tod von mehr als siebzig Menschen im Fußballstadion von Port Said am Mittwochabend hatte die Proteste gegen die Herrschaft des Militärs angefacht und eine neue Welle der Gewalt ausgelöst. Auch wurden Rufe nach Tantawis Hinrichtung wurden laut. Die Opposition sieht die Schuld für das Blutbad beim Militärrat, der die tödlichen Ereignisse provoziert haben soll, um sich als ordnungsstiftende Kraft an der Macht halten zu können. (APA/Reuters)