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Polizei in Kairo.

Foto: APA/EPA/Omar

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Auch am Freitag setzte die Polizei in Kairo massiv Tränengas gegen hunderte Demonstranten ein, die beim Innenministerium gegen den regierenden Militärrat protestierten.

Foto: Reuters /El Ghany

Der Zorn der Bevölkerung über die Unfähigkeit des Militärs, ein Fußballspiel abzusichern, hat auch am Freitag zu Demonstrationen und Unruhen mit Verletzten und Toten geführt.

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"Ich oder das Chaos!", hatte der vor einem Jahr gestürzte ägyptische Präsident Hosni Mubarak immer gewarnt. "Jetzt sorgt er noch vom Gefängnis aus dafür, dass diese Drohungen wahr werden", wettert ein alter Mann in der Nacht zum Freitag im Zentrum von Kairo und macht sich Sorgen, dass die Proteste nach den 74 Toten rund um ein Fußballspiel in Port Said nicht so schnell abflauen werden.

Viele Ägypter denken wie er, und diese Sicht der Dinge wird von Berichten wie dem unerklärlichen Fehlen von hohen Sicherheitsfunktionären im Stadion nur bestärkt.

Unruhen halten an

Die schlimmsten Auseinandersetzungen zwischen Demonstranten und Polizei gab es am Freitag in der Nähe des Innenministeriums in Kairo, das nur einige Hundert Meter vom Tahrir-Platz entfernt liegt. Nachdem die Jugendlichen in der Nacht eine Betonmauer fast vollständig niedergerissen hatten, standen sich die beiden Seiten direkt gegenüber. Die Demonstranten warfen Steine auf die Polizisten - es gab mehr als tausend Verletzte durch Tränengas und Gummigeschoße, auch aufseiten der Sicherheitskräfte.

In der Nacht zum Freitag waren bereits drei Tote zu vermelden, zwei davon in Suez, wo es schon zu Beginn der Revolution vor einem Jahr die ersten Opfer gegeben hatte. Das Innenministerium rief die rebellierenden Jugendlichen zu Zurückhaltung auf und appellierte an die politischen Parteien, mäßigend zu intervenieren.

Die Demonstranten kritisierten den regierenden Militärrat für dessen Unfähigkeit, ein Fußballspiel zu abzusichern, und erneuerten ihre Forderung, dass die Armee ihre Macht sofort an Zivilisten abgeben solle. "Nach einem Jahr haben wir genug von den vielen Toten", schrie ein junger Mann in eine Fernsehkamera. "Es ist eine schlimme Tradition geworden, am Morgen aufzuwachen und herauszufinden, dass in der Nacht wieder Leute gestorben sind", twitterte ein Aktivist. Ein neuer politischer Vorschlag lautet etwa, dass das neu gewählte Parlament einen Übergangspräsidenten wählen soll.

Lage immer prekärer

Die Toten auf dem Fußballplatz waren nur der traurige Höhepunkt einer langen Kette von Zwischenfällen, die zeigen, dass die Sicherheitslage in Ägypten ein Jahr nach dem Sturz Mubaraks immer prekärer und nicht besser wird. Auf diesem Gebiet scheinen die Generäle versagt zu haben.

Neben der Konfrontation mit Polizei und Armee gab es am "Freitag der Trauer" aber auch viele friedliche Protestzüge aus mehreren Vierteln der Stadt, die dann sternförmig auf den Tahrir-Platz zogen. Dabei waren neben schwarzen Flaggen auch die der beiden großen rivalisierenden Fußballklubs von Kairo, al-Ahly und Zamalek, zu sehen. Für den Abend war ein großer Trauerzug für den 14-jährigen Ahly-Fan Anas, das jüngste Opfer der Fußballtragödie, angekündigt. Viele ägyptische Webseiten waren mit Trauerflor markiert.

Am Freitag entführten Beduinen am Sinai kurzzeitig Touristen, diesmal zwei Amerikanerinnen, um Angehörige aus dem Gefängnis freizupressen. Nach demselben Muster waren kürzlich zwei Dutzend chinesische Arbeiter rund 20 Stunden lang festgehalten geworden.

Hohes Lösegeld erpressten am Donnerstag in Kairo die Entführer zweier Kinder aus einer Industriellenfamilie. Und die Zahl der bewaffneten Raubüberfälle gegen Banken und Geldwechselstuben ist in den letzten Wochen explosionsartig angestiegen. (Astrid Frefel aus Kairo/DER STANDARD, Printausgabe, 4.2.2012)