Im tertiären Bildungsbereich stehen 2012 maßgebliche Veränderungen an. Mit dem neuen Hochschulqualitätssicherungsgesetz und der Novelle zum Fachhochschulstudiengesetz wurden die Kompetenzen der Hochschulen neu geregelt. Fachhochschulen haben dadurch mehr Eigenverantwortung bekommen. Zusätzlich sollen jährlich 500 neue Studienplätze geschaffen werden. Dementsprechend sind auch die Erwartungen der FH-Geschäftsführer. Für Gabriela Fernandes, Geschäftsführerin der FH St. Pölten, ist diese Änderung ein wichtiger Schritt, um Fachhochschulen als wertvollen Sektor im Hochschulsystem anzuerkennen.

"Ein besonderes Augenmerk wird auf die Implementierung entsprechender formeller Verfahren an den einzelnen Institutionen zu richten sein", sagt Annette Zimmer, Geschäftsführerin der FH Campus 02, denn inhaltlich können die Fachhochschulen den Qualitätsansprüchen sicherlich genügen, ist sie überzeugt. Nicht ganz so zuversichtlich zeigt sich Brigadier Franz Edelmann, Leiter des Referats Militärpädagogik im Verteidigungsministerium. Die Weiterentwicklung der Hochschullandschaft durch verbesserte Koordinierung und stärkere Vorgaben zum Einsatz der erforderlichen Ressourcen werde den Willen aller Beteiligten fordern, meint er. Um kurzfristige und langfristige Auswirkungen sowie erforderliche oder unnötige Differenzierungen bewerten zu können, müsse über den Tellerrand der eigenen Institution der gesamte Hochschulbereich betrachtet werden. "Große Zuversicht, dass dies gelingt, ist nicht angebracht", fügt er an.

Fachkräfte dringend gesucht

An der FH Technikum Wien zeigt man sich erfreut über den größeren Gestaltungsspielraum und den Ausbau der Studienplätze. Im Technikbereich werden gut ausgebildete Fachkräfte dringend gesucht, sagt Rektor Fritz Schmöllebeck. Daher werde das Bildungsangebot weiter ausgebaut, im Speziellen soll das Fernstudienangebot, das ein Lernen unabhängig von Zeit und Ort ermöglicht, erweitert werden. "Als größte rein technische Fachhochschule Österreichs ist es uns wichtig, die Inhalte unserer Studiengänge immer am neuesten Stand der Technik zu halten und durch neue Themen wie beispielsweise Elektromobilität zu ergänzen", fügt Schmöllebeck hinzu.

Auch die Fachhochschule Oberösterreich will dem Ruf der Industrie und Wirtschaft nach mehr Absolventen nachkommen und das Studienangebot insbesondere in diesen Bereichen erweitern. Weiters möchte man den bestehenden Fokus auf Interkulturalität und Internationalität noch weiter verstärken, sagt Gerald Reisinger, Geschäftsführer der FH. "Derzeit haben wir Kooperationen mit über 200 Partneruniversitäten weltweit. Und auch das bestehende englischsprachige Studienangebot soll weiter ausgebaut werden", ergänzt er. Die Umsetzung des Hochschulplans mit zusätzlichen Studienplätzen zählen die beiden Geschäftsführer der Fachhochschule Salzburg, Doris Walter und Raimund Ribitsch, zu den anstehenden Herausforderungen. "Es ist eine Gratwanderung. Nicht alle Studienangebote, die die Wirtschaft braucht und auch fordert, entsprechen den Interessen der Studierenden", sagt Walter.

Das sei vor allem im Bereich der Technik der Fall. Hier würde die Nachfrage deutlich über dem Angebot liegen. "Deshalb laden wir Unternehmen auch ein, sich am Ausbildungsprozess aktiv zu beteiligen und nicht nur kompetente Fachkräfte zu fordern", sagt Ribitsch. Vorstellbar seien gemeinsam Karrieremodelle, berufsbegleitende Zusatzausbildungen, aber auch eine Intensivierung der Forschungskooperationen.

"Für die Zukunft erwarte ich mir eine verstärkte Profilbildung der FH-Studiengänge mit inhaltlicher Schwerpunktsetzung in Hinblick auf zukünftige Anforderungen aus Wirtschaft und Gesellschaft", sagt Karl Peter Pfeiffer, Rektor der FH Joanneum. Dafür müssen zukünftige Studiengänge ihr Konzept der anwendungsorientierten und inter- bzw. multidisziplinären Ansätze weiter verstärken, ist Pfeiffer überzeugt.

Auch an der FH Wiener Neustadt liegt eine wesentliche Herausforderung in der steigenden Vernetzung und Interdisziplinarität. "Eine Kultur des interdisziplinären Zugehens soll Leitlinie sein, um auch in Hinkunft zu wachsen", sagt FH-Geschäftsführerin Susanne Scharnhorst.

Berufsbegleitende Studien

Für Fachhochschulen ganz wesentlich und im Sinne des lebenslangen Lernens ist der Ausbau berufsbegleitender Studien und qualifizierter Weiterbildungsangebote. So kommt auch an der FH Wien dem Segment der hochwertigen Weiterbildung eine immer stärkere Bedeutung zu.

"So sollen auch Personen, denen die Lebensumstände ein Vollzeit- bzw. berufsbegleitendes Studium nicht erlauben, die Möglichkeit haben, an Teilgebieten der angebotenen Studienprogramme zu partizipieren", sagt Michael Heritsch, Geschäftsführer der FH Wien. Ein weiterer Trend, der an der FH Wien in der laufenden Aktualisierung des Studienangebots Niederschlag findet, ist das Thema Ethik und nachhaltiges Wirtschaften, fügt er an.

Die FH Campus Wien erwartet im aktuellen Jahr angesichts der Wirtschaftslage in allen Bereichen ein verstärktes Interesse an Aus- und Weiterbildung. "Gleichzeitig ist der Wettbewerb gerade in Hinblick auf privat finanzierte Lehrgänge sehr lebendig, sagt Wilhelm Behensky, Vorsitzender der Geschäftsleitung. Die Ansprüche an Relevanz und Qualität werden daher weiter steigen.

"Ein Studium muss schon jetzt in vielerlei Hinsicht maßgeschneidert sein", sagt der neue Rektor der FH Vorarlberg, Lars Frormann. Daher habe man an der Fachhochschule Vorarlberg die Studiengänge größtenteils modular aufgebaut. Auch an der FH Burgenland sei der Trend zum lebensbegleitenden Studieren bemerkbar, sagt deren Geschäftsführerin Ingrid Schwab-Matkovits, weiters werde auf individuelle Betreuung in Form von Ausbildungspartnerschaften gesetzt. Als wichtige Aufgabe gilt es den Bereich der angewandten Forschung weiter auszubauen. Schwab-Matkovits würde sich über eine Basisfinanzierung für FH-Forschung freuen. "Das würde regionale Hochschulen und Unternehmen im Wettbewerb stärken", fügt sie hinzu.

Forschung

Angewandte Forschung soll auch an der FH Kärnten weiter ausgebaut werden. Nicht zuletzt deshalb, um auch unter wirtschaftlich schwierigen Umfeldbedingungen Innovationen anzustoßen und durch kreative Projekte Impulsgeber und Forschungspartner für die Wirtschaft zu sein, erklärt Siegfried Spanz, Geschäftsführer der Kärntner Fachhochschule.

Auch an der FH Gesundheitsberufe OÖ ist angewandte Forschung und Entwicklung ein strategisches Ziel, sagt Geschäftsführerin Bettina Schneebauer. Dazu werde auch eine Forschungskoordinationsstelle in der Unternehmensleitung eingerichtet. Einen ähnlichen Schwerpunkt hat sich auch die FHG - Zentrum für Gesundheitsberufe Tirol gesetzt. Auch dort sollen im kommenden Jahr zusätzliche Forschungsstellen eingerichtet werden, sagt Walter Draxl, Geschäftsführer der FHG.

Englischsprachige Masterstudien

Internationalität wird an der IMC FH Krems sowie am Managementcenter Innsbruck (MCI) und an der FH bfi großgeschrieben. Neben den sechs englischsprachigen Masterstudien des MCI ist mit Business & Management seit kurzem auch ein englischsprachiger Bachelor im Programm. "Die Nachfrage nach unseren englischen Angeboten ist enorm", sagt Andreas Altmann, Geschäftsführer des MCI.

Ein großer Schwerpunkt auf Internationalisierung wird auch an der IMC FH Krems vor allem im Bereich des Bildungsexportes mit transnationalen Projekten gelegt. So wird die Kooperation mit der University of Buraimi im Oman weitergeführt, sagt Geschäftsführerin Ulrike Prommer. An der FH bfi soll ab Herbst 2012 vorbehaltlich der Akkreditierung der neue Masterstudiengang Strategic HR Management in Europe zur Gänze in englischer Sprache abgehalten werden.

"Die FHs haben mit berufsbegleitenden Studien einen wesentlichen Eckpfeiler in die Bildungslandschaft gesetzt, und wir sind überzeugt, dass unsere Methode des Fernstudiums die Tragkraft dieses Eckpfeilers weiter erhöhen und in Zukunft noch an Bedeutung gewinnen wird", sagt Axel Jungwirth, Geschäftsführer der Ferdinand Porsche Fern-FH. (Gudrun Ostermann, DER STANDARD, Printausgabe, 4./5.2.2012)