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Fener-Frauen in Aktion: Manche Spiele in der türkischen Süperlig sind nur noch für Frauen und Kinder geöffnet. Dass die PR-Aktion die Gleichberechtigung fördert, wird bezweifelt.

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Als Pablo Batalla in der zweiten Hälfte den einzigen und damit siegreichen Treffer erzielte, war bei den Damen kein Halten mehr. Eine Anhängerin von Bursaspor, deren Name in der Lokalpresse nur mit den Initialen A. T. überliefert wurde, entfachte ein bengalisches Feuer Batalla zu Ehren und ging als angeblich erste Hooliganin in die Geschichte des türkischen Fußballs ein.

Von der Polizei wurde sie festgenommen und gleich nach dem Spiel in Bursa gegen den Tabellenersten Galatasaray am vergangenen Wochenende verhört wegen Verstoßes gegen das Strafgesetz ("Gewalt und Störung der Ordnung im Sport"). Noch so ein Fehlschlag für den türkischen Fußballband TFF, der sich seit Monaten durch einen riesigen Betrugsskandal quält. Verbandschef Mehmet Aydinlar und zwei seiner Stellvertreter gaben diese Woche auch auf. Sie fühlten sich in der Affäre um manipulierte Spiele von den eigenen Funktionären im TFF getäuscht.

Es war auch Aydinlar, der die Idee mit den Frauen hatte: Spiele, die wegen grober Ordnungsverstöße der Klubfans als Strafe unter Publikumsausschluss stattfinden, werden gleichwohl kostenlos für Frauen und für Kinder unter zwölf geöffnet. Es war als Imageverbesserung für den türkischen Fußball gedacht. 40.000 Frauen und Kinder kamen zur Premiere beim Spiel von Fenerbahçe, dem mutmaßlich größten Übeltäter im Betrugsskandal, gegen Manisaspor im September des vergangenen Jahres. Und jetzt das mit der rabiaten Dame in Bursa.

Die Grün-Weißen von Bursaspor - Maskottchen: Krokodil, Kodename der Hardcore-Fans "Texas" - haben in der Süperlig ohnehin den Ruf der besonders ausgeprägten Enthusiasten. Das trifft auf Männlein wie Weiblein zu. An den Haaren ziehen und Watschen verteilen kommt immer wieder bei den jungen Bursa-Frauen auf der Tribüne vor.

Ob kickende Männerbeine vor Frauenpublikum ein so großer Fortschritt für die Gleichberechtigung in der Türkei sind, wird mittlerweile auch bezweifelt. "Die Botschaft für den Klub ist: ,Benehmt euch ordentlich, oder es werden bei euren Spielen nur Frauen erlaubt sein", sagt Ayse Adanali, eine junge Filmemacherin, die beim historischen ersten "Frauen-Match" dabei war. "Ich bin ein Fenerbahçe-Fan und gehe ab und zu zu den Spielen. Aber ich werde als Strafe für meinen Klub betrachtet. Das ist eine ziemliche Ironie."

Die höhere Tonlage auf den Rängen stört zudem angeblich die Spieler. Konzentrationsschwäche soll auch das Problem des am Dienstag zurückgetretenen Verbandschefs Aydinlar sein. Der hatte erklärt, Funktionäre im TFF hätten ihm zwei Schreiben der Uefa verheimlicht. Die widersprachen. In den Schreiben stand, es stünde dem türkischen Verband frei, über den Ausschluss von nationalen Klubs aus der Champions-Ligue zu entscheiden. Aydinlar hatte den Abzug von Fenerbahçe und Trabzonspor verordnet und erklärt, die Uefa verlange das so von der Türkei. Fener klagt deshalb auf 45 Millionen Euro Schadenersatz. Prozessbeginn im Betrugsskandal ist der 14. Februar. (Markus Bernath, DER STANDARD, Printausgabe, 3.2.2012)