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Mark Zuckerberg - ein Mann auf einer "sozialen Mission". Mit Facebook geht's jetzt an die Börse.

Foto: Reuters

Lange wurde darüber spekuliert, jetzt ist es raus: das Prospekt zum Börsengang von Facebook. Damit ist die Absicht zum Sprung auf den Kapitalmarkt amtlich. Wann genau Aktien der Plattform über die Ticker der Börse laufen werden, steht allerdings noch nicht fest. Anvisiert ist die Mitte des laufenden Jahres. Bis dahin will Facebook bis zu fünf Milliarden Dollar (ca. 3,8 Milliarden Euro) einsammeln, auch wenn Analysten davon ausgehen, dass das Unternehmen locker bis zu zehn Milliarden lukrieren könnte. Der geringere Betrag könnte auch der Tatsache geschuldet sein, dass er zur Kalkulation der Gebühren herangezogen wird.

Seit ziemlich genau acht Jahren gibt es Facebook. Erfinder Mark Zuckerberg hat sich mit dem Börsengang Zeit gelassen. "Wir erfinden keine Dienste, um Geld zu machen. Wir machen Geld, um bessere Dienste anzubieten." Das ist die Kernbotschaft eines Briefes von Zuckerberg, der dem Börsenprospekt beiliegt. Was ein wenig nach einem Slogan aus dem Märchenwald klingt, dürfte das - zumindest offensiv nach außen getragene - Selbstbild widergeben. Mark Zuckerberg - ein Mann und sein Netzwerk auf einer "sozialen Mission".

Langer Weg an die Börse

In den vergangenen Jahren poppten Meldungen zum geplanten Schritt aufs Parkett regelmäßig auf, um dann auch schnell wieder relativiert oder verwässert zu werden. Seitens Facebook gab man sich immer sehr vage. Die Facebook-Börsenpläne sorgten in der Finanzwelt für sehr unterschiedliche Reaktionen: Entweder galten sie als die großartigste Idee, seit Google einst die Börse eroberte. Oder aber als der Beginn der nächsten Internetblase.

Die Bewertung eines Unternehmens, das Skeptikern zufolge vor allem auf einem "Gefällt mir"-Knopf und jeder Menge Statusmeldungen und Fotos basiert, ist kein leichtes Unterfangen. Mit 845 Millionen aktiven Nutzern weltweit (davon 2,7 Millionen in Österreich) ist Facebook die unangefochtene Nummer eins im Soziale-Netzwerke-Business. Diese 845 Millionen Menschen sind auch das Kapital von Facebook. Vor allem ihre Verbindungen zueinander, die "Likes" und die "Shares". Datenschützern gefällt das alles nicht sonderlich. Denn Facebook versilberte gerade diese Vernetzungen, eigentlich private Daten, und machte damit Profit. Das Unternehmen erstellt Profile, die mit den Informationen der Facebook-Profile gespeist werden. Daraus generiert Facebook haarscharf angepasste Werbung. Und Kohle. 2011 lag der Werbeanteil am Umsatz bei 85 Prozent - der Gesamtumsatz belief sich auf 3,71 Milliarden Dollar.

Wohin mit dem Geld?

Was Facebook mit dem Geld aus dem Börsengang überhaupt anstellen will, ist noch nicht ganz klar. Facebook könnte mit dem Geld andere Unternehmen zukaufen und so das Geschäftsfeld erweitern oder vergrößern. Eine Analystin meinte in einem TV-Interview mit dem Nachrichtensender Bloomberg, sie sei sich gar nicht so sicher, ob Facebook tatsächlich das Geld braucht. Die Expertin vermutet als Initialzündung für den Facebook-Börsengang vielmehr die Vorgabe der US-Börsenaufsicht SEC, dass Unternehmen mit mehr als 500 Aktionären den Offenlegungspflichten und dem Listing an einer Börse (worum es dabei genau geht, steht hier) nachkommen müssen. Damit soll grundsätzlich einerseits Schindluder Einhalt geboten, andererseits Investoren - potenziellen wie gegenwärtigen - Einblick in das Geschäft des Unternehmens garantiert werden.

Gerade durch die mit einem Börsengang einhergehenden Offenlegungspflichten kommt auf Facebook eine neue Ära der Transparenz zu. Bislang zeigte sich das Social-Media-Unternehmen eher geizig, wenn es um Daten und Zahlen zum Geschäftserfolg ging. Ein börsennotiertes Facebook kann sich das dann nicht mehr leisten. Laut dem Börsenprospekt lag der Gewinn 2011 bei einer Milliarde Dollar, was einer Steigerung von 65 Prozent gegenüber dem Vorjahr gleichkommt. 

Wovor Facebook Angst hat

Aber Facebook ist in seinem Börsenprospekt auch vorsichtig. Eine Risiko-Liste gehört zur Information der Investoren wie das Brot zur Jause. Punkt eins: Das wichtigste Asset von Facebook - die User - birgt auch ein Risikopotenzial. Auch wenn in den vergangenen Jahren die Zuwachsrate an Nutzern rasant nach oben ging, dürfte damit über kurz oder lang wohl Schluss sein. Kann Facebook seine User nicht dauerhaft auf der Seite halten, könnte das auch den Werbebereich massiv beeinträchtigen.

Die Konkurrenz schläft schließlich nicht, das weiß auch Facebook. Selbst die Nummer eins steht im Wettbewerb: "Wir sehen uns in nahezu jedem Bereich unseres Geschäfts Konkurrenz gegenüber, darunter von Firmen wie Google, Microsoft und Twitter." Noch ist Google+ zwar wesentlich kleiner, das Risiko des Wachstums steht für Facebook aber fest. Auch starke regionale Netzwerke sieht man als Gefahr an. In puncto Datenschutz sieht der Social-Media-Riese auch einiges auf sich zukommen. Das Unternehmen unterliegt nationalen Gesetzen, die neben Datenschutz auch Fragen des geistigen Eigentums beinhalten. Sollten diese Gesetze verschärft werden, könnte das laut Börsenprospekt Facebook schaden. Die Zensur durch Regierungen könnte Facebook auch treffen, vor allem "wenn die Konkurrenz einen Markt betreten könnte, zu dem wir keinen Zugang haben". 

Ob Facebook eher seinen Visionen folgen und ein - auch für Investoren - lukratives Unternehmen werden wird, oder ob doch das eine oder andere Risikopotenzial durchschlägt und der Freundschaftsplattform das Genick bricht, wird die Zukunft weisen. Die jüngsten Aktienplatzierungen von Internet-Unternehmen wie LinkedIn und Groupon gingen zuerst ab wie eine Rakete, schwächelten zwischenzeitlich aber durchaus. Facebook muss nun nach langer Aufwärmphase auch am Börsenparkett zeigen, was es kann. (rom, derStandard.at, 2.2.2012)