Berlin - In seinem Kampf um Unterstützung durch die Regierung zieht der Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde (IKG), Ariel Muzicant, immer wieder das Beispiel Deutschland heran. Dort habe es zeitgerecht Wiedergutmachung gegeben, dort gebe es Unterstützung für die laufenden Infrastrukturkosten. Das wird nun gegenüber der APA im Wesentlichen bestätigt. Demnach erscheint die finanzielle Situation der jüdischen Gemeinden in Deutschland günstiger als jene in Österreich: "So gravierend und schlimm ist es nicht", sagt ein Sprecher des Zentralrats der Juden in Deutschland. Man habe aus Budgetgründen jedenfalls noch keine Gottesdienste streichen müssen.

Grundsätzlich ist die Finanzierungslage in Deutschland eine andere: Kultusangelegenheiten sind im Unterschied zu Österreich Ländersache. So ist es auch von Bundesland zu Bundesland verschieden, wie viel das Land und wie viel die Gemeinde selbst zu deren Budget beiträgt: In manchen Ländern sind es Pro-Kopf-Summen, in anderen Pauschalsummen, die gezahlt werden. Auch aus der Kultussteuer ist für die derzeit 85 im Zentralrat organisierten Gemeinden mit insgesamt rund 100.000 Juden nicht viel zu bekommen, weil viele, insbesondere unter den Zuwanderern, Sozialhilfeempfänger sind.

Brandenburg drückt sich

Bei den Landesstaatsleistungen gilt Nordrhein-Westfalen mit Zahlungen von mehreren Millionen Euro im Jahr als "sehr großzügig". Brandenburg hingegen drücke sich laut Zentralrat einen Staatsvertrag abzuschließen und zahle derzeit 150.000 Euro jährlich an seine sieben jüdischen Gemeinden. Weil nur die Länder solche Staatsverträge schließen können, war die kürzlich erfolgte Vereinbarung zwischen dem Bund und dem Zentralrat kein Staatsvertrag, sondern ein Abkommen über die Mittelzuwendung für eigene Angelegenheiten dieses Dachverbands jüdischer Organisationen in Deutschland. Drei Millionen Euro beträgt die Summe pro Jahr, 1,2 Millionen waren es bisher. Die Aufstockung hänge mit dem Anwachsen der jüdischen Gemeinden zusammen, heißt es im Zentralrat.

Die wenigen jüdischen Bildungseinrichtungen in Deutschland werden von den Ländern unterstützt. "Schlecht" sieht es nach Angaben des Zentralrats mit dem Sicherheitssystem aus: Derartiges sei teuer, niemand wolle es übernehmen, es gehöre aber in die Zuständigkeit der Kommunen. In Berlin gebe es ein aktuelles "Skandalbeispiel", wo sich die Sicherung vor einer Synagoge im Aufstellen von ein paar Betonblöcken durch die Stadt erschöpft habe.

Jüdische Gemeinden können, so sie Körperschaften öffentlichen Rechts sind, keine Defizite schreiben. De facto aber entstünden in Deutschland sehr wohl Defizite, gibt der Zentralrat zu. "Man kann dann gewisse Dinge nicht anschaffen." (APA)