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Sieg für Mitt Romney in Florida.

Foto: REUTERS/Mike Carlson

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Newt Gingrich will dennoch bis zuletzt kämpfen - "falls Romney nicht vorher aufgibt".

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Grafik: DER STANDARD

Den Planeten Newt erkennt man schon von weitem an den alarmierenden Sprüchen, gedruckt auf handliche Styropor-Schildchen, die wahren Amerikanern ans Herz legen, den liberalen Medien nur ja kein Wort zu glauben. Nicht der New York Times, nicht CNN, allenfalls Fox News, dem Haussender der Konservativen. Wo immer Newt Gingrich auftaucht, sind die Parolen nicht weit. Neuerdings darf auch ein Vorredner mit prominentem Namen bei keiner Vorstellung fehlen. Michael Reagan, Adoptivsohn des 40. US-Präsidenten, des Säulenheiligen der Republikaner. Mit einer Ode an seinen Ziehvater liefert der Radiomoderator das Stichwort für Gingrichs einprägsamste Zeile: "Ich bin ein Konservativer im Sinne Ronald Reagans, mein Gegner ist ein Moderater aus Massachusetts."

Massachusetts, das soll nach Boston und Harvard klingen, nach Elite. Auch in der Nacht seiner deklassierenden Niederlage in Florida hat der Kandidat den Satz vorgetragen und trotzig, ja wütend hinzugefügt: "Wir werden an jedem Ort kämpfen, und wir werden gewinnen." Gingrich, der tapfere Erbe Winston Churchills, der niemals kapituliert. Seine Kampagne, die Kampagne des Volkes, werde am Ende klar siegen gegen die Wall Street, gegen Mitt Romney. Kein Wort der Gratulation für den Sieger, umso ausführlicher sprach der Verlierer von seinem ersten Arbeitstag im Oval Office. Als gäbe es keinen Zweifel daran, dass er nicht nur die Vorwahlen gewinnt, sondern auch die Wahl gegen Barack Obama im November.

"Den Mann trennt nur noch eine einzige Hütte von seiner Mondkolonie", kalauerte Steve Schmidt, der Stratege, der vor vier Jahren den Wahlkampf John McCains managte. "Er ist einfach größenwahnsinnig." Newt und der Mond, ein Planet namens Fantasia - es mangelt nicht an Metaphern, mit denen das republikanische Establishment den überaus selbstsicheren Rebellen verspottet. Der hatte erst vor ein paar Tagen versprochen, spätestens im Jahr 2020 Amerikaner auf dem Erdtrabanten anzusiedeln, "am Ende meiner zweiten Amtszeit". Nun ist die Mondkolonie so etwas wie das Synonym für den Realitätsverlust auf dem Planeten Newt. "Gingrich hatte schon immer jede Minute eine neue Idee, und die meisten waren völlig verrückt", erzählt Bob Dole, Präsidentschaftsbewerber des Jahres 1996. Und McCain schlägt süffisant lächelnd vor: "Lasst uns Newt auf den Mond schicken und Mitt ins Weiße Haus."

Kein Zweifel, den alten Herren wäre wohler, würde der "Störenfried" bald das Handtuch werfen. Je hässlicher sich Gingrich und Romney ineinander verbeißen, desto souveräner lassen sie Obama aussehen, desto geringer vielleicht auch die Chancen, den Amtsinhaber abzulösen. Die "Grand Old Party" rühmt sich ja gern einer eisernen Disziplin, die es diktiert, sich nach harten Vorwahlduellen rasch um den Favoriten zu scharen. Endloser Streit, so ihr Credo, sei das Markenzeichen der Demokraten, nicht der Konservativen.

Gingrich aber ignoriert sie komplett, die Rufe, dass er aufhören soll. Ausgerechnet er, der bereits mit 35 im US-Kongress saß und später als Lobbyist engmaschige Netzwerke knüpfte, ausgerechnet er gibt den tapferen Aufständischen in der Schlacht mit alten Seilschaften. Die Wut der Tea Party, auf Washington ebenso wie auf die Wall Street, soll ihn noch einmal nach oben spülen. Zudem baut er auf evangelikale Christen, die dem Mormonen Romney zutiefst misstrauen. Am Super-Tuesday, dem ersten Dienstag im März, hofft der Zurückgefallene sein Comeback zu feiern. Dann nämlich stehen überproportional viele Bundesstaten im Bibelgürtel des Südens zur Wahl. Gingrichs Hochburgen. (DER STANDARD-Printausgabe, 02.02.2012)