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Foto: AP/Lefteris Pitarakis

In Großbritannien war die Krone in den letzten 200 Jahren schon mehrmals in weiblicher Hand. Da erstaunt es, dass die Regentschaft von Königinnen gesetzlich immer noch eine Ausnahme darstellt. Die britische Thronfolge sieht nämlich vor, dass männliche Nachkommen bevorzugt werden.

Junges Paar auf dem Weg zur Familiengründung

Diesen Umstand will die britische Regierung nun ändern, denn die Zeit drängt. Nach der Hochzeit von Prinz William und Kate Middleton wartet das gesamte Königreich gespannt darauf, wann das Paar sein erstes Kind bekommt - sollte es ein Mädchen werden, wäre ihr als Erstgeborener die Thronfolge aber nicht sicher. Sollte das Paar im Anschluss noch einen Sohn bekommen, würde dieser automatisch den Thron besteigen.

Noch dringender wird das ganze Vorhaben, weil die BritInnen bereits in mehreren Umfragen durchblicken ließen, dass sie Prinz William und seine Kate viel lieber auf dem Thron sehen würden als den ewigen Thronfolger Charles, der mittlerweile jenseits der 60 und in zweiter Ehe mit Camilla Parker Bowles verheiratet ist.
In der britischen Regierung scheint man sich über die Unausweichlichkeit der Änderung im Klaren zu sein. Der britische Premier David Cameron erklärte in einer Mitteilung an die Commonwealth-Staaten im vergangenen Herbst, es sei "unnormal, dass wir bei den Regeln für das höchste öffentliche Amt eine männliche Vormachtstellung bewahren".

Großbritannien kann eine Änderung der Thronfolge aber nicht allein bestimmen. Jene 15 Commonwealth-Staaten, in denen die britische Monarchin Staatsoberhaupt ist, müssen der Änderung ebenfalls parlamentarisch zustimmen. Dazu gehören neben Australien, Neuseeland, den Bahamas und Grenada auch Kanada und die Salomonen.

Reformvorschlag eingebracht

Vor kurzer Zeit wurde ein Reformvorschlag eingebracht, der auch den MinisterpräsidentInnen der relevanten Commonwealth-Staaten zusagt. Dieser sieht vor, dass die Bevorzugung männlicher Nachkommen abgeschafft werden soll. Er plädiert auch für die Aufhebung der Regelung, dass die Verheiratung mit einer Person römisch-katholischen Glaubens automatisch zur Aberkennung der Thronfolge führt. Sollte alles so laufen wie geplant und die Commonwealth-Länder zustimmen, könnte bereits im Frühling dieses Jahr die frauendiskriminierende Thronfolge-Regelung Geschichte sein.

Einziges Problem: Der Reformvorschlag lässt zwei strittige Punkte unberührt. So soll ein Kandidat/eine Kandidatin mit römisch-katholischem Glaubensbekenntnis weiterhin von der Thronfolge ausgeschlossen werden. Und erbadligen Frauen soll weiterhin die Möglichkeit verwehrt bleiben, die vererbbaren Sitze im Oberhaus einzunehmen. Im reformierten Oberhaus sitzen immer noch 92 adlig Geborene, unter denen der Frauenanteil verschwindend klein ist. "Die betroffenen Adelshäuser konnten sich mit massiver Gegenwehr gegen die Pläne der Regierung durchsetzen, auch im House of Lords Geschlechtergerechtigkeit herzustellen", erklärt Melanie Sully, Vizepräsidentin des Instituts für Parlamentarismus in Wien, gegenüber dieStandard.at.

Neutrale Thronfolge allgemein erwünscht

BeobachterInnen sehen vor allem in Bezug auf die geschlechterneutrale Thronfolge keine gröberen Durchsetzungsschwierigkeiten. In Großbritannien haben sich bereits die wichtigsten Parteien sowie die Königsfamilie für eine Änderung ausgesprochen. Anders sieht es mit der verbliebenen Religionsklausel aus, dies könnte in verschiedenen Commonwealth-Ländern auf Missfallen stoßen. In den nächsten Monaten wird sich zeigen, ob sie die Regelung deshalb blockieren.

Situation in Europa

In den meisten europäischen Monarchien wurde bereits eine geschlechtsneutrale Thronfolge eingeführt. Schweden war 1980 das erste Land, 1983 folgten die Niederlande. In Norwegen war es 1990 so weit. In den letzten 20 Jahren folgten Belgien (1991), Dänemark (2009) und Luxemburg (2011). Übrig sind jetzt noch die Herrscherhäuser von Spanien, Monaco, Lichtenstein und eben Großbritannien. (red, dieStandard.at, 1.2.2012)