Hoch oben im Maira-Tal ein Wirt mit Schnecke, und das völlig zurecht: Lou Sarvanot
Frazione Bassura, 64
12020 Stroppo Cuneo
Piemont / Italien
0039 0171 999159
Ein Menü mit ordentlichem Wein, Kaffee: 65 Euro (Woraus sich errechnen lässt, dass das Menü unter 30 Euro ausmachte)

So richtig gedrängt war es an diesem Sonntagabend spät im Jahr 2011 elf nicht gerade in Stroppo

Linsensalat mit Forelle und ordentlich Dill - yeah!

Damit der Kabeljau in dieser Höhe nicht friert, bekommt er ein Mäntelchen aus sehr pikantem Paprika - toll

Da war der Gusto schneller als der Auslösefinger: Mangold-Tortino mit kräftiger Fonduta, noch ein Punkt für Onkel Lou

Gefinkelt: Was wie Gnocchi aussieht, sind RaviolES. Erdäpfel, Käse, und, damits nicht zu trocken wird, noch Butter und Salbei drauf

Mir zu vollkörnig und zu weich: Maltagliati, aber mit schöner Lauchsauce

Kalb mit doch ziemlich interessanter Kräutersauce. Und Dessert ging wie (fast) immer nicht mehr.

Fotos: Harald Fidler

Dieser Wirt interessierte mich am allermeisten auf diesem Trip ins Piemont, vor allem seinetwegen zog es mich in die Berge am westlichem Rand. Wildkräuter prägen die Küche von Lou Sarvanot und Köchin Silvia Massarengo. Aus dem (sehr spannenden) Mairatal, und einem Garten mit Kräutern und Gemüse auf 1400 Metern (mir kamen es eher wie 2700 vor, als ich abends durch die Dunkelheit nach oben kurvte). Versprach der Osteriaführer. Für den Sommer. Mir war schon klar, dass so spät im Jahr nicht mehr viel grünt. Und doch gefiel es mir bei Lou in Stroppo Bassura am besten unter all den Wirten meines Giro d'Italia 2011.

An schwerer Alkoholisierung kann das nicht gelegen sein: Ich gönnte mir zwar gegen die Höhenluft einen schon ganz schönen Barolo von Scarzello aus 1998 um (wohlfeil erinnerte) 38 Euro. Aber verzwicken konnte ich den natürlich nicht an Ort und Stelle, wo ich noch 35 Minuten zurück ins Tal nach Dronero kurven musste. Nein, die örtlichen Agriturismi und Locande haben in der kalten Jahreszeit eher nicht offen, hab ich natürlich probiert.

Herr Lou und Frau Silvia indes warfen den Herd auch für ein Solo an: Ein Ösi alleine? Sonntagabend vor dem Ruhetagen? Gerne doch. So saß ich ganz allein mit Lou in dem Berggasthaus, gleich neben dem Kachelofen, und fand das wunderbar: In Gesellschaft so netter Gerichte ist man ja nicht oft.

Total dillt

Der Vorhang hebt sich für..., würde der Osteriaführer jetzt schreiben, aber so theatralisch krieg nicht einmal ich das hin. Also los: Ich freue mich gleich über einen ordentlich gedillten Linsensalat mit Lauch, und wenn die (für mich natürlich feinen) Forellenstückchen nicht gewesen wären, hätte sich auch eine Vegetarierin daran erfreuen können.

Scharfe Rolle

Optisch interessant Gang zwei: Ein Budino di Peperoni, gefüllt mit Baccalà, der sich in diese Höhe verirrte, und Erdäpfeln. Scharfe Sache. Sehr gut. Sehr gespannt, wie's weitergeht.

Fonduta macht blau

So gespannt, dass ich schon beim dritten Gang das Fotografieren vor dem Kosten vergesse: Mangold-Tortino mit kräftiger Fonduta, Käsesauce von Nostrale (wohl aus der Region, vermute ich Universaldilettant, oder gar wirklich eigener Käse?) und Blu, den ich mir als Blauschmiere zusammenreime). Kräftig, intensiv, schön. Eine der besten Fondute meines Lebens, und davon hab ich nun wirklich schon ein paar probiert.

Gnocchi inkognito

Fleischfrei geht es munter weiter, kräftig und intensiv sowieso: Ravioles, schärft mir Herr Sarvanot ein, glänzen da vor mir, und das sei eine regionale Pastaspezialität, praktisch Gnocchi aus Erdäpfeln und Käse, und damit die Chose nicht zu leicht wird, kommt noch Butter und Salbei drüber. Sehr, sehr, sehr schön.

Weiche Nudel

Ein zweiter Pastagang geht sich da schon noch aus: Maltagliati verdi, mir leider etwas zu weich und, wenn mich nicht alles täuscht, (mir) zu auffälligem Vollkorngout. Der Lauchsugo dazu wieder sehr erfreulich, und wo ich allein bin, kann auch niemanden der beherzte Einsatz von Knoblauch stören.

Schonzeit, Dümian!

An diesem Punkt war für mich klar: Wild. Fünf Rehe hätte ich allein schon bei der Anreise von Dronero über den gediegen benannten Ort San Dümian hier herauf nach Stroppo erlegen können. Und, wie ich hier feststellte: womöglich auch erlegen sollen. War denn gerade Schonzeit? Wildbachforelle hätte Herr Sarvanot gehabt, und Käse als Hauptgang, aber mir war nach Fleisch.

Also Vitello alle erbe, wenn ich mich nicht verhört habe angekündigt mit Cavoli, die ich als Kohl übersetzen würde, aber da dürfte ich mich irren: Neben den beiden wirklich fein besauceten Kalbsschnitzeln lag, wenn mich nicht schon wieder alles täuscht, doch eher Fenchel.

Schluss, murmelt Herr Lou in die Küche, als ich Dessert verweigere, obwohl dabei laut Osteriaführer die Fruchtkomponente im Vordergrund steht. Die und die Sache mit den frischen Kräutern erforsche ich beim nächsten Mal. Ich muss einfach früher im Jahr ins Piemont.

Dann erhört mich vielleicht auch Paolo Ponte und lässt mich in sein Bergwirtshaus San Bernardo im gleichnamigen Ortsteil von Verzuolo, auch hoch droben. Klang nicht so spannend wie Sarvanot, aber einfach und gut. Und wie könnte ich ein Lokal mit Schnecke im Piemont unversucht lassen? Wobei: Auf die ist ja auch nicht immer Verlass - siehe Calamandrana.