Kontakt und gemeinsame Ziele: Das wäre laut Experten die ideale Strategie gegen Fremdenfeindlichkeit.

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Jena - Die Wurzeln für fremdenfeindliche Einstellungen liegen nach Erkenntnissen des Jenaer Psychologen Andreas Beelmann oft schon in der Kindheit. Folglich müssten Präventionsprogramme in Vor- und Volksschule ansetzen, sagte er. Eine Auswertung von 113 Studien weltweit habe ergeben, dass Kinder vor allem im Alter von fünf bis sieben Jahren verstärkt ethnische oder nationale Vorurteile entwickeln - danach ebbe dies häufig wieder ab.

Später spiele weniger das Alter als vielmehr das soziale Umfeld wie Freundeskreis und Familie eine größere Rolle, berichtete der Experte. Die Ergebnisse hatten Beelmann und sein Kollege Tobias Raabe in der Fachzeitschrift "Child Development" veröffentlicht.

Kritische Zeit

Das Volksschulalter sei eine kritische Zeit, in der sich Vorurteile festigen können, sagte Beelmann. "Wenn es keinerlei Kontakt zu sozialen Fremdgruppen gibt, kann man auch keine persönlichen Erfahrungen machen und hält an pauschalen negativen Bewertungen länger fest." Das erkläre die oft hohe Fremdenfeindlichkeit in Regionen mit wenig Ausländern. Einmal entstandene Vorurteile könnten so auch in späteren Lebensjahren auf hohem Niveau relativ konstant bleiben. Gerade im Volksschulalter sei es daher wichtig, Kindern Kontakte zu Angehörigen anderer Nationalitäten zu ermöglichen.

"Wenn ich einen Freund habe, gehört er zu meiner Identität", sagt Beelmann zu Bekanntschaften, die über eventuelle kulturelle Barrieren hinaus gehen. Dann sei die Wahrscheinlichkeit gering, dass ein Kind dessen Ethnie ablehne, weil es dann auch einen Teil seiner selbst ablehne.

Wichtig sei aber, dass bei Präventionsprogrammen nicht nur Kontakte hergestellt, sondern auch gemeinsame Ziele vermittelt werden - etwa über kooperatives Lernen oder gemeinsame Mannschaften im Sport. Auch über indirekte Kontakte oder Geschichten könne Vorurteilen gegen Menschen anderer Herkunft oder Hautfarbe vorgebeugt werden, behauptet Beelmann. Etwa wenn darin ein deutsches und ein russisches Kind gemeinsam Abenteuer erleben. "Erstaunlicherweise funktioniert das fast genauso gut wie bei echten Kontakten."

Aus Studien über längere Zeiträume hinweg sei bekannt, dass es bei Kindern, die mit ausländischen Kindern befreundet sind, extrem unwahrscheinlich sei, dass sie fremdenfeindliche Vorurteile bis hin zum Rechtsextremismus entwickeln. (dpa, red/DER STANDARD, Printausgabe, 28./29. 1. 2012)