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Rund sieben Prozent aller Österreicher keiden unter chronischem Reflux.

Oft kommt er unangekündigt. Der Schmerz zieht sich vom Hals durch den Brustkorb bis runter zum Bauch. Mitunter ist da auch ein unangenehmes Druckgefühl und insgesamt ein Unwohlsein. Für etwa sieben Prozent aller Österreicher ist dies Alltag. Sie leiden unter chronischem Reflux. Die Symptome, umgangssprachlich auch als Sodbrennen bekannt, sind vor allem in Stärke und Dauer überaus variabel. Mancher bemerkt gar nichts und ist dennoch betroffen.

Gewebe nimmt Schaden

Physikalisch betrachtet ist der Reflux ein einfacher Vorgang: Durch hohen Druck wird Magensäure den Ösophagus, die Speiseröhre, hochgepresst - bis zum Schlund und mitunter auch darüber hinaus. Das hat Folgen. Die Magenschleimhaut mag an die Belastung durch die ätzende Brühe angepasst sein, die Innenseite der Speiseröhre ist es jedoch nicht. Ihr Gewebe nimmt Schaden. Bei regelmäßigem Reflux kommt es deshalb zur Entstehung einer Refluxösophagitis. Unter Medizinern ist hierfür auch die englische Abkürzung GERD gebräuchlich.

Der unerwünschte Rückfluss kann unterschiedliche Ursachen haben. In einigen Fällen produziert der Magen zu viel Säure, und was dann nicht nach unten in den Darmtrakt abgezogen wird, sucht sich den Weg nach oben. Unterstützt wird diese Fehlleitung durch eine mehr oder weniger ausgeprägte Schwäche des oberen Magenverschlussapparates. Wenn zusätzlich der Pylorus, der Durchgang zum Zwölffingerdarm, geöffnet ist, kann auch dessen Inhalt via Magen in die Speiseröhre gelangen. Säure und Galle vermengen sich, es kommt zur sogenannten chemischen Gastritis. Betroffene merken dies an einem bitteren Geschmack im Mund. "Viele Refluxe sind gemischt", erklärt Magenspezialist Thomas Winkler (siehe Interview).

Entzündungsgefahr

Eine Refluxösophagitis ist häufig nur der Anfang. Bei andauernder Belastung der Schleimhaut kommt es oft zu einer Veränderung des Gewebes. Anstelle des normalen Plattenepithels wächst ein Zylinderepithel. Fachleute bezeichnen dies als Barrett-Syndrom. Die Umgestaltung geht häufig mit der Entstehung von Dysplasien, Gewebemissbildungen, einher, die sich eventuell zu Tumoren entwickeln können. Bis zu einem Prozent der Patienten mit einem Barrett-Ösophagus bekommt Speiseröhrenkrebs.

Die Mittel gegen Sodbrennen sind basische Präparate, die über einen neutralisierenden Ausgleich den Säuregrad des Magensafts verringern. Entsprechend wirksame Medikamente sind die weit verbreiteten "Protonenpumpenhemmer". Sie funktionieren, indem ein spezieller Wirkstoff das Enzym H+-K+-ATPase blockiert. H+-K+-ATPase kommt in spezialisierten Zellen der Magenschleimhaut vor und ist dort für die Säureproduktion verantwortlich. Es nimmt Kaliumionen (K+) von außen auf und setzt dafür H+-Ionen (Protonen) frei. Dadurch sinkt der pH-Wert im Magen. Wird das Enzym medikamentös gehemmt, stagniert die Versäuerung.

Trotz ihrer Wirksamkeit sind Protonenpumpenhemmer zunehmend in die Kritik geraten. Sie seien nur Symptombekämpfung, hätten Nebenwirkungen und würden in den Säurehaushalt des Magens zu stark eingreifen. Für den Wiener Fachchirurgen Manfred Prager sind die Medikamente in einigen Fällen dennoch das Mittel der Wahl - statt einer Operation. "Man sollte die Protonenpumpenhemmer-Therapie nicht verteufeln." Sie seien bei Patienten, die wenig Schmerzen und noch keinen Barrett-Ösophagus haben, eine gute Alternative, meint Prager. Auch Senioren profitieren von den Präparaten. Einige ältere Menschen, erklärt der Mediziner, leiden bereits vorher unter Schluckbeschwerden. Nach einer OP werden sie unter Umständen stärker.

Chirurgische Therapie

Die chirurgische Behandlung eines Reflux zielt auf funktionelle Wiederherstellung des Magenverschlussapparats. Bei den meisten Betroffenen liegt eine sogenannte Hiatushernie vor, der Durchgang der Speiseröhre durch das Zwerchfell hat sich rissartig ausgeweitet. Dadurch wird der Verschlussmechanismus geschwächt. Dieser Mangel lässt sich durch einen operativen Eingriff (Fundoplikatio) beheben. Dabei wird ein kleiner Teil des oberen Magens wie eine Manschette um das Ende der Speiseröhre gelegt - überaus effektiv.

Allerdings ist nicht jedem Patient mit Sodbrennen so oder medikamentös zu helfen. "Man muss immer darauf achten, dass es neben dem Reflux auch eine seltenere Krankheit geben kann, betont Manfred Prager. Achalasie zum Beispiel, eine Störung der glatten Ösophagus-Muskulatur, löst mitunter sehr ähnliche Symptome aus. Eine äußerst präzise Diagnose hat deshalb oberste Priorität. (Kurt de Swaaf, DER STANDARD, Printausgabe, 30.1.2012)