LIDAR-Messung in brasilianischen Regenwald bei Nacht. Zu sehen sind die in die Atmosphäre ausgesendeten grünen Laserimpulse mit einer Wellenlänge von 532 Nanometern.

Foto: Holger Baars/IfT

Diese Aufnahme des Erdbeobachtungssatelliten Terra/MODIS NASA aus dem Jahr 2008 zeigt die aktiven Feuer in Afrika und Südamerika.

Foto: MODIS Land Science Team at NASA Goddard Space Flight Center

Bis vor kurzem sagte man der Luft über dem Amazonasbecken nach, sie sei - zumindest während der Regenzeit - noch so natürlich wie vor Beginn des Industriezeitalters. Das umfangreiche Messprojekt eines internationalen Wissenschafterteams räumte nun mit dieser Annahme auf. Die Forscher stellten sogar fest, dass vom Menschen verursachte Vegetationsfeuer auf der anderen Seite des Atlantiks die Atmosphäre im Amazonasgebiet während der Regenzeit beeinflussen. Der Einfluss der afrikanischen Vegetationsbrände sei am deutlichsten zwischen Jänner und April zu spüren, da dann die Feuer in Zentralafrika am stärksten seien und die Passatwinde die Rauchpartikel direkt nach Südamerika transportierten, schreiben die Forscher im Fachblatt "Geophysical Research Letters".

Das Amazonasbecken mit einer Gesamtfläche von über sechs Millionen Quadratkilometern beherbergt den größten tropischen Regenwald der Welt. Gemessen an seiner globalen Bedeutung ist im Amazonasgebiet jedoch noch relativ wenig über luftgetragene Partikel, die sogenannten Aerosole, bekannt. Diese sind aber eine wichtige Komponente im Kreislauf von Wolken- und Niederschlagsbildung des Amazonasregenwaldes.

Lasermessung bis in 20 Kilometer Höhe

Wissenschafter des Leibniz-Institut für Troposphärenforschung (IfT) sowie der brasilianischen Universitäten Sao Paulo, Diadema und Manaus hatten daher von Jänner bis November 2008 atmosphärische Messungen im zentralen Amazonasbecken durchgeführt. Dazu wurde erstmals ein Lasermessgerät 60 Kilometer nördlich von Manaus installiert, das Daten zu Verteilung und Eigenschaften der Aerosole bis in 20 Kilometer Höhe über der Messstation liefert.

Bisher wurde angenommen, die Luft über dem Amazonasgebiet sei so ursprünglich wie vor Beginn des Industriezeitalters. "Wir haben daher einen Standort mitten im Amazonas ausgewählt, der auch von der Millionenstadt Manaus nicht beeinflusst wurde, da die Luft meist aus der entgegengesetzten Richtung kam", berichtet Dietrich Althausen vom IfT, der den Messcontainer vor Ort installiert hat. "Allerdings haben die hohen Temperaturen und die hohe Luftfeuchtigkeit die Technik arg strapaziert. Nebel, niedrige Wolken und häufige Niederschläge machen es sehr schwer, im Amazonasregenwald die untersten Luftschichten vom Boden aus zu untersuchen."

Mit dem von den Leipziger Troposphärenforschern entwickelte Gerät sind nun aussagekräftigere Messungen möglich. Das LIDAR-System namens PollyXT sendet dazu Laserimpulse mit Wellenlängen von 355, 532 und 1.064 Nanometern aus, die von in der Atmosphäre schwebenden Partikeln reflektiert werden. Durch die Drehung der Schwingungsrichtung des Laserlichts bei der Reflektion, der sogenannten Depolarisation, lassen sich Art und Herkunft der Aerosole bestimmen. Für die Wissenschafter ist diese Charakterisierung besonders wichtig, da sich so zwischen natürlichen Quellen - beispielsweise Staub aus der Sahara - und vom Menschen verursachten Aerosolquellen - etwa dem Rauch von Vegetationsfeuern - unterscheiden lässt.

Zehn Tage unterwegs

Auch wenn die Luft über der Messstation eigentlich hätte sehr sauber sein müssen, da sich keine Industrie in der direkten Nähe befand und die Luftmassen vom ca. 1.200 km entfernten Atlantik nur über tropischen Regenwald zum Messstandort zogen, beobachteten die Wissenschafter dennoch jede Menge Partikel. Bei einem Drittel der LIDAR-Messungen während der Regenzeit von insgesamt 2.500 Messstunden registrierten sie den Transport von Rauch- und Mineralstaubpartikeln aus Afrika. Etwa zehn Tage brauchen die Teilchen für ihren Weg über den Atlantik in den untersten drei Kilometern der Troposphäre von Kontinent zu Kontinent.

Dass Mineralstaub aus der Sahara über den Atlantik gelangt und dort den Amazonas düngt, ist schon lange bekannt. Seit Jahren untersuchen auch IfT-Forscher diese Transportprozesse. So gab es beispielsweise im Rahmen der SAMUM-Messkampagne umfangreiche Experimente in Marokko und auf den Kapverdischen Inseln. "Überrascht waren wir aber, wie groß der Anteil der Rauchpartikel von afrikanischen Vegetationsfeuern während der Regenzeit im Amazonas ist", erklärt Holger Baars vom IfT. "In der Hälfte aller Fälle, in denen wir Partikel aus Afrika registrierten, waren Rauchpartikel der Hauptbestandteil in der Atmosphäre.

Die Luftmassen aus der Sahara reichern sich also auf ihrem Weg südwärts über den Savannen Afrikas mit Partikeln an, die durch größtenteils vom Menschen verursachte Brände in die Luft gelangen." Damit könnten Vegetationsbrände in Afrika auch eine wichtige Rolle für die Wolkenbildung über dem Amazonasregenwald spielen - zumindest in der Regenzeit zwischen Jänner und April. In der Trockenzeit, die von der Jahreszeit her etwa dem Sommer auf der Nordhalbkugel entspricht, dominieren dagegen Partikel aus Waldbränden im Amazonasbecken selbst.

"Selbst mitten im Amazonas ist die Luft also inzwischen größtenteils alles andere als noch natürlich", resümiert Holger Baars. Allerdings sind noch weitere Untersuchungen notwendig, um die winzigen Aerosolpartikel, die aus Afrika die Amazonasregion erreichen und dort als Keime für Wolkentropfen fungieren, ausreichend zu charakterisieren und dadurch deren Bedeutung für das Klima besser abschätzen und die Klimamodelle verbessern zu können. Denn diese Partikel haben großen Einfluss auf den Strahlungshaushalt, die Wolkenbildung und auch auf die Niederschläge über dem tropischen Atlantik und dem Amazonasbecken. (red)